
© imago/pictureteam/Matthias Wehnert
„Zeit für Farbwechsel im Bellevue“ : Union will Steinmeier-Nachfolge stellen
Anfang 2027 wird der nächste Bundespräsident gewählt. Führende CDU-Politiker wollen ein Staatsoberhaupt aus den Reihen der Unionsparteien. Rufe nach Frau werden lauter.
Stand:
In der CDU werden Stimmen laut, die einen Bundespräsidenten aus den eigenen Reihen verlangen. So äußern sich Manuel Hagel und Sebastian Lechner, die Vorsitzenden der mächtigen CDU-Landesverbände Baden-Württemberg und Niedersachsen.
„Nach zwei Amtszeiten von Frank-Walter Steinmeier ist es Zeit für einen Farbwechsel im Schloss Bellevue“, sagte Lechner dem Tagesspiegel: „Die Union hat hervorragendes Personal und kann Persönlichkeiten stellen, die Erfahrung, Integrationskraft sowie Glaubwürdigkeit für das höchste Staatsamt vereinen und das Amt unabhängig, würdevoll und im Sinne aller Deutschen ausfüllen würden. Dabei sollte die Union auch erstmals erfolgreich eine Frau für dieses Amt vorschlagen.“
Die Union sollte erstmals eine Frau für dieses Amt vorschlagen.
Sebastian Lechner, CDU- Partei- und Fraktionschef in Niedersachsen, über die Bundespräsidenten-Wahl 2027
Hagel verwies auf die Kräfteverhältnisse in der Bundesversammlung, bei der die Union nach jetzigem Stand mit Abstand größte Fraktion wäre. „Wenn man deutlich die stärkste Kraft ist, bringt das natürlich auch die Verantwortung mit sich, eine Kandidatin oder einen Kandidaten vorzuschlagen, der die breite Mitte der Bundesversammlung repräsentiert“, sagte Hagel dem Tagesspiegel. Diesen „repräsentativen und integrativen Anspruch für die politische Mitte in Deutschland haben wir als Union – und eben auch die dafür notwendigen Charakterköpfe in unserer Volkspartei“.
„Nicht nur verwalten“: Kritik an Steinmeier
Wichtig sei, „dass Amt und Person zusammenpassen“. Hagel ließ Kritik am amtierenden Bundespräsidenten Frank-Walter Steinmeier erkennen, dessen zweite Amtszeit im März 2027 enden wird. Steinmeier amtiert seit 2017 und darf nicht erneut kandidieren. „Ich wünsche mir in der Nachfolge von Herrn Steinmeier ein Staatsoberhaupt, das unser höchstes Staatsamt nicht nur verwaltet, sondern auch prägt – jemand, der in herausfordernden Zeiten Orientierung gibt, unser Land zusammenführt und echte Impulse setzt“, sagte Hagel. Entscheidend seien „Integrität, Ausstrahlung und Tiefgang“. Selbstverständlich passe dieses Anforderungsprofil „auf einige ganz herausragende Frauen unserer bürgerlichen Volkspartei“.
Hagel wandte sich dagegen, jetzt über Personalvorschläge zu spekulieren. „Es wird zur gegebenen Zeit Vorschläge geben – mit der nötigen Sorgfalt und im Bewusstsein der Würde und der Bedeutung dieses Amtes“, sagte der baden-württembergische CDU-Partei- und Fraktionschef, der mit der Landtagswahl im März 2026 das Amt des Ministerpräsidenten für die CDU zurückerobern will.
Schon zuvor hatte andere CDU-Spitzenpolitiker für die Union den Anspruch erhoben, den nächsten Bundespräsidenten zu stellen. „Zweimal hat die Union als stärkste politische Kraft dem Vorschlag eines SPD-Kandidaten zugestimmt. Ich finde: 2027 darf es gerne wieder ein Kandidat oder eine Kandidatin aus den Reihen der Union sein“, sagte der rheinland-pfälzische CDU-Partei- und Fraktionsvorsitzende Gordon Schnieder dem Tagesspiegel.
Der CDU-Partei- und Fraktionschef in Mecklenburg Vorpommern, Daniel Peters, sagte dem Tagesspiegel, er „gehe davon aus, dass die Union den nächsten Bundespräsidenten stellt“.
Ähnlich äußerte sich der Vorsitzende des CDU-Arbeitnehmerflügels CDA, Dennis Radtke. „Die Union wird die mit Abstand stärkste Fraktion in der Bundesversammlung sein. Aus unserem Reihen kommt schon länger kein Bundespräsident mehr. Es ist an der Zeit, dass das nächste Staatsoberhaupt von CDU/CSU vorgeschlagen wird“, sagte Radtke dem Tagesspiegel. Er sei sicher: „Die Union wird eine exzellent geeignete Kandidatur für das höchste Staatsamt präsentieren – und eine hervorragende Person nominieren, die auch bei SPD und Grünen auf Akzeptanz stoßen wird.“
Die Betonung der CDU-Politiker, sie wollten einen Bundespräsidenten aus den Reihen der „Union“, also von CDU oder CSU, deutet auf die Bereitschaft hin, erstmals einen Kandidaten auf Vorschlag der bayerischen Schwesterpartei zu wählen. Die CSU hat bisher noch keinen Bundespräsidenten gestellt.
Mehrere CDU-Spitzenpolitiker sprachen sich zudem für eine erste Bundespräsidentin aus. „Ich persönlich würde es sehr begrüßen, wenn künftig das höchste Staatsamt von einer Frau übernommen wird“, sagte Schnieder: „Die CDU war immer Vorreiterin, wenn es darum ging, Frauen in Spitzenpositionen zu bringen – von der ersten Bundeskanzlerin über die erste Bundestagspräsidentin bis zur ersten Präsidentin der Europäischen Kommission.“
Es sei noch „zu früh“, um über Namen zu sprechen, sagte Schnieder: „In der Union gibt es viele Persönlichkeiten, denen ich dieses Amt sehr gut zutraue.“ Auch Schnieder verband diesen Hinweis mit indirekter Kritik an Steinmeier. „Für mich ist auch klar: Das nächste Staatsoberhaupt muss wieder deutlicher und lauter wahrgenommen werden“, sagte er. Schnieder führt die CDU Rheinland-Pfalz in die Landtagswahl im März 2026, will Ministerpräsident Alexander Schweitzer (SPD) ablösen. Schweitzer hatte sich bereits im Frühjahr für eine Frau als Nachfolgerin Steinmeiers ausgesprochen.
- showPaywall:
- false
- isSubscriber:
- false
- isPaid: