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Der ehemalige Justizminister des Landes Brandenburg, Kurt Schelter (CDU), steht am Dienstag (20.03.12) in Potsdam in einem Saal des Landgerichts Potsdan und wartet auf den Beginn des Prozesses gegen ihn. Der CDU-Politiker soll nach seinem Ruecktritt als Minister im Jahr 2002 etwa 100.000 Euro Ruhegehalt und Übergangsgeld zu viel kassiert haben, indem er seine selbstständige Taetigkeit verschwieg. Zudem soll er zu wenig Steuern gezahlt haben.

© Gabbert/dapd

Schelter-Prozess: 100 000-Euro-Irrtum zum eigenen Wohl

UPDATE. Brandenburgs früherer Justizminister Kurt Schelter (CDU) kann mit einer Bewährungsstrafe davon kommen. Jetzt könnte alles sehr schnell gehen - wenn sich der frühere CDU-Politiker auf eine Absprache mit Gericht und Staatsanwaltschaft einlässt

Stand:

Potsdam - Kein Gefängnis, keine Geldstrafe: Der wegen Betruges, Steuerhinterziehung und einer Falschaussage an Eides statt in einem deutschen Gericht angeklagte Ex-Justizminister von Brandenburg, Kurt Schelter (CDU), kann mit einem schnellen Verfahren rechnen – und einer milden Strafe. Zum Prozessauftakt am Dienstag im Potsdamer Landgericht stellte die Vorsitzende Richterin der 5. Großen Strafkammer, Ulrike Piehler-Morbach, offenbar aus Rücksicht auf die angeschlagene Gesundheit des 65-Jährigen nach Sondierungen mit Staatsanwaltschaft und Verteidigung einen sogenannten Deal in Aussicht. Nach dem „Vorschlag“ des Gerichtes für eine in Ausnahmen zulässigen Verständigung erwarten Schelter eine zur Bewährung ausgesetzte Freiheitsstrafe zwischen neun Monaten und eineinhalb Jahren ohne Auflagen wie Geldzahlungen, wenn er ein „tragfähiges Geständnis“ ablegt. Dies sei „Voraussetzung“, betonte Phieler-Morbach. In einer von seinem Münchener Anwalt Norbert Scharf verlesenen Erklärung gab Schelter anschließend zwar Fehler zu, nicht aber eine bewusste Täuschung der Behörden zum eigenen Vorteil, was ihm die Staatsanwaltschaft vorwirft. Ob diese Erklärung ausreicht, ist unklar. Staatsanwalt Ivo Maier ließ die nötige Zustimmung, ohne die der Deal platzen würde, noch offen. Er sagte aber, Schelter habe „die wesentlichen Anklagepunkte eingeräumt“.

Laut Anklage soll Schelter den Bund und das Land Brandenburg systematisch um rund 100 000 Euro Versorgungs- und Übergangsbezüge betrogen sowie 38 000 Euro Steuern hinterzogen haben. Darauf stehen bis zu fünf Jahre Haft. Es geht in dem Fall darum, dass Ex-Regierungsmitglieder Übergangsgelder und Versorgungsbezüge erhalten. Sie werden jedoch teilweise mit neuen Einkünften verrechnet, sie fallen dann geringer aus. Und solche Einkünfte hat Schelter, der als Justizminister 2002 nach privaten Finanzschwierigkeiten in Folge von Fehlspekulationen mit Immobilien in Berlin zurücktrat, laut Anklage den Behörden in den Jahren 2003 bis 2006 verschwiegen. Dabei hatte er als Berater, Anwalt und Lobbyist in Brüssel und Berlin regelmäßige, hohe Einnahmen, die monatlich fast immer Tausende Euro betrugen – oft 6000, 7000, 9000, teilweise 16 000, 18 000, im April 2006 sogar 30 000 Euro. Einer Oberfinanzdirektion meldete er 2006 stattdessen, dass er „nur sporadische Einkünfte“, „deutlich unter unter den Anrechnungsgrenzen“ erzielte. Er hatte, so die Anklage, „bei Tatbegehung vor, sich auch künftig und bei anderen Gelegenheiten durch Verschweigen seiner Erwerbseinkünfte eine nicht nur vorübergehende Einnahmequelle aus unberechtigten Versorgungsleistungen zu verschaffen“. In dem verlesenen Teilgeständnis erklärte Schelter nun alles damit, dass er zu seinen geschäftlichen Aktivitäten den „vollständigen Überblick“ verloren habe. Es sei „möglich“, dass er unzureichende Angaben zu Einkünften gemacht habe. Er habe Irrtümer von Behörden, „Überzahlungen in Kauf genommen“.

Schelter wollte dem persönlich nichts hinzufügen. Im Gerichtssaal beantwortete er, der als Justizminister den Ruf eines durchsetzungsstarken „Law-and-Order“-Politiker hatte, schneidig, akkurat, penibel und korrekt bis in die Details, lediglich Fragen der Kammer zu seiner Person. So blitzte noch einmal auf, welche steile Karriere er einst machte. Vor seinem Job in Brandenburg war er Protokollchef der Bayerischen Staatskanzlei, zuständig für das Staatsbegräbnis für Franz-Josef Strauss, dann bis 1998 Staatssekretär im Bundesinnenministerium. Und zwar, wie der wegen Betruges angeklagte – am Revers die blau-weiße Rosette des bayerischen Verdienstordens – nun im Gerichtssaal betonte, zuständig „für alle Fragen der Inneren Sicherheit in Deutschland, Chef des Bundeskriminalamtes und des Bundesamtes für Verfassungsschutzes“. Seine finanziellen Verhältnisse heute seien „geordnet“.

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