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Brandenburg: 42 000 Unterschriften gegen Kunst-Pläne
Sommerpause vorbei: Nach dem Erfolg der Volksinitiative muss sich Landtag mit Hochschulfusion in der Lausitz befassen
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Potsdam/Cottbus - In Brandenburg wächst der Widerstand gegen eine Fusion der Brandenburgischen Technischen Universität Cottbus (BTU) und der Hochschule Lausitz in Senftenberg. Am Montag wurden in Potsdam 42 000 Protest-Unterschriften gegen die umstrittenen Pläne von Wissenschaftsministerin Sabine Kunst (parteilos) an Parlamentspräsident Gunter Fritsch (SPD) übergeben. Die Volksinitiative „Hochschulen erhalten“ hatte innerhalb von zweieinhalb Monaten das nötige Quorum von 20 000 Unterschriften weit übertroffen, was für das dünn besiedelte Flächenland eher atypisch ist. Der Landtag muss sich nun nach der Sommerpause mit der Forderung nach einem Verzicht auf die Zwangsfusion befassen, die vor allem von der BTU selbst, aber auch von der Gewerkschaft für Erziehung und Wissenschaft (GEW) im Land und der Stadt Cottbus strikt abgelehnt wird.
Landtagspräsident Fritsch begrüßte bei der Übergabe, dass die Initiative nicht allein mehr Geld für die Lausitzer Hochschulen fordere, sondern für eine Aufstockung der Wissenschaftsausgaben des Landes eintritt. Er erinnerte aber auch daran, dass der Etat Brandenburgs im nächsten Jahrzehnt von derzeit zehn auf acht Milliarden Euro schrumpfen wird, auf das Niveau westdeutscher Flächenländer. „Das ist also keine Katastrophe.“ Die Aufbauzeit sei vorbei.
„42 000 Unterschriften in kurzer Zeit: Das ist ein Riesen-Statement, das der Politik in Brandenburg zu denken geben sollte“, sagte Paul Weisflog, ein Sprecher der Volksinitiative und Mitglied der Studierenden-Vertretung der Cottbuser Hochschule. Und: „Wir sind fähig, mehr zu sammeln“. Was gemeint ist, hatte man im Vorfeld deutlich gemacht: Sollten die Proteste ungehört verhallen, schließt man eine weitere Volksinitiative nicht aus – zur Absetzung von Ministerin Kunst. Doch selbst bis in Brandenburgs rot-rote Regierungskoalition hinein ist das von Kunst betriebene Projekt umstritten, aus den beiden Einrichtungen eine neue „Energieuniversität Lausitz“ mit schärferem Profil zu schmieden, und zwar als „Neugründung“. Zwar haben sich Ministerpräsident Matthias Platzeck (SPD) und die SPD-Landtagsfraktion bislang hinter den Fusions-Ansatz gestellt. Doch die Linke geht auf Distanz. „Wir sehen nach wie vor Veränderungsbedarf der Hochschullandschaft in der Lausitz, um sie zukunftsfähig zu gestalten, vor allem angesichts der demografischen Entwicklung“, sagte der Abgeordnete Peer Jürgens. „Dabei dürfen aus unserer Sicht jedoch das bisher Erreichte und die Einbeziehung der Betroffenen nicht auf der Strecke bleiben. Den gegenwärtig vorliegenden Referentenentwurf halten wir für keine geeignete Grundlage.“
Die SPD legt sich nicht mehr eindeutig fest. „Wir werden uns intensiv damit auseinandersetzen“, sagte der parlamentarische Geschäftsführer Mike Bischoff. „Entschieden wird, wenn alle Fakten auf dem Tisch sind.“ In der SPD kommt ein Nein von den Jusos, Lausitzer Abgeordneten und vom Cottbuser SPD-Oberbürgermeister und früheren Verkehrsminister Frank Szymanski: Er verwies am Montag darauf, dass eine Fusion von keiner der beiden Experten-Kommissionen befürwortet wurde, die Empfehlungen für eine Reform der Hochschullandschaft Brandenburgs gegeben hatten - eine für die Lausitz unter Vorsitz von Rolf Emmermann, Ex-Vorstand des Geofoschungszentrums Potsdam, und eine für das gesamte Land unter Vorsitz von Ex-Staatssekretär Friedrich Buttler. „Frau Kunst sollte sich an das Expertenvotum halten.“ Das Wissenschaftsministerium gibt sich zwar verhandlungs- und dialogbereit, macht aber in der Sache keinen Rückzieher. „Wir nehmen die Kritik auf, ebenso die Einwände der Hochschulen“, sagte Sprecher Hans-Georg Moek. Das alles werde in das Gesetzgebungsverfahren einfließen. Dennoch halte man am Ziel fest, beide Hochschulen zusammenzuführen.
So wird die Lausitzer Hochschulfusion eins der ersten Themen sein, die den Landtag nach der Sommerpause beschäftigen. Der Fachausschuss wird sich bereits diese Woche damit befassen. Der FDP-Abgeordnete Jens Lipsdorf warf Kunst ein „Kommunikationsdesaster“ vor. Nötig sei ein leistungsgerechtes Hochschulsystem bei Wahrung der Hochschulautonomie. „Der Gesetzentwurf gehört in den Papierkorb.“ Und die GrüneAbgeordnete Marie-Luise von Halem sagte, wenn man Veränderung will, muss man die Betroffenen überzeugen. „Das ist nicht der Fall.“
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