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Straßen-Maut: „60 Millionen sind das Minimum“

Der Chef des Bauverbandes Berlin-Branddenburg, Chef Axel Wunschel, über die Forderung der Baulobby nach mehr Geld für den Straßenbau.

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Herr Wunschel, nachdem Sie Rot-Rot in Brandenburg lange wegen rückläufiger Investitionen in den Straßenbau kritisiert haben, fordern Sie nun wie SPD-Verkehrsminister Jörg Vogelsänger auf einer Tagung in Potsdam neue Finanzierungsmodelle wie eine Pkw-Maut auf Autobahnen oder private Investitionen. Entlassen Sie die Politik aus der Verantwortung?

Wir entlassen die Politik keineswegs aus der Verantwortung. Es ist ihre Pflicht, die Infrastruktur zu erhalten. Und aus unserer Sicht wird diese Pflicht derzeit nicht ausreichend wahrgenommen. Dabei basiert die Deutsche Wirtschaft auf gut ausgebauten Straßen. Wenn aber die Politik die notwendigen Mittel nicht selbst aufbringen kann, muss sie die Rahmenbedingungen dafür schaffen, damit es auf anderenm Weg geht.

Wie groß, schätzen Sie, ist der Instandhaltungsbedarf auf Brandenburgs Landesstressen derzeit?

Bundesweit fehlen 7,5 Milliarden Euro per anno. Bei den brandenburgischen Landesstraßen sind es alleine 60 Millionen Euro. Das ist das absolute Minimum. Jeder Euro darunter bedeutet einen Werteverfall. Wenn wir im anstehenden Doppelhaushalt des Landes diesen Betrag weit verfehlen, heißt das, Brandenburg nimmt einen Sachkredit auf und verschuldet sich weiter. Ein Sparen an der Infrastruktur ist kein Sparen.

Der Zustand der kommunalen Straßen ist noch viel schlechter, klagen die Städte und Gemeinden. Auch über ein Absenken der gesetzlichen Ausbaustandards müsse diskutiert werden, fordert der Städte- und Gemeindebund. Stimmen Sie dem zu?

Natürlich brauchen wir eine gut ausgebaute Infrastruktur, wie sie unsere Standards vorsehen. Wir haben nun mal Winter und Regen, die die Straßen anders als in anderen Ländern belasten. Ob wir uns darüber hinaus auch alle anderen Standards weiterleisten können, muss die Poitik entscheiden. Zum Beispiel haben wir momentan sehr hohe Umweltstandards. Letztlich aber sind gute Straßen die Voraussetzung für hohe Steuereinnahmen.

Die Bauwirtschaft beklagt, die zurückgehenden Investitionen der Öffentlichen Hand gefährden Arbeitsplätze in der Branche. Gibt es bereits Entlassungen und Geschäftsaufgaben?

Natürlich passen die Firmen ihre Kapazitäten der Nachfragesituation an und es werden Mitarbeiter freigesetzt. Geschäftsaufgaben sind mir derzeit aber nicht bekannt.

Anders als in den alten Bundesländern wurde in Ostdeutschland nach der Wende besonders viel gebaut. Ist es nicht an der Zeit, dass sich die Branche der Nachfrage anpasst?

Nein, die Infrastruktur bedarf einer ständigen Instandhaltung. Und eine Kapazität in der Bauwirtschaft vorzuzhalten, die den Bedarf an Instandhaltung auch decken kann, ist kein Luxus, sondern eine Notwendigkeit.

Das Gespräch führte Matthias Matern

Axel Wunschel (52) ist seit 1996 Hauptgeschäftsführer des Bauindustrieverbandes Berlin-Brandenburg. Der Verband hat nach eigenen Angaben 150 Mitglieder mit etwa 12 000 Beschäftigten.

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