Brandenburg: Ab in den Festsaal
600 neue Lehrer braucht Berlin ab Februar – und lockt Bewerber wieder mit nettem Ambiente
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Das prächtigste Rathaus der Stadt ist gerade gut genug für die Bewerber aus dem „Bundesausland“: Wer aus Hamburg, Baden-Württemberg, NRW oder Bayern am Mittwoch nach Berlin kam, um hier am 1. Februar eine Stelle im Schuldienst anzutreten, wurde in der guten Stube Charlottenburgs empfangen, um sich den interessierten Schulleitern vorzustellen. Und zwar im „Festsaal“ des dem Historismus wie dem Jugendstil verpflichteten Baus.
Ja, die Bildungsverwaltung muss sich weiterhin ordentlich ins Zeug legen, um freie Stellen zu besetzen. Im vergangenen Jahr lockte sie die hoffnungsfrohen Bewerber über den Seerosengraben der Zitadelle Spandau, dieses Mal eben ins Rathaus Charlottenburg, wo rund 20 Schulleiter aus Spandau, Charlottenburg-Wilmersdorf und Steglitz-Zehlendorf warteten. Sie alle benötigen einen oder mehrere neue Kollegen, um Pensionäre oder werdende Mütter zu ersetzen.
„Die Schulleiter waren alle sehr freundlich. Klar, die wollen ja was von uns“, fasste eine Hamburgerin ihren Eindruck zusammen. Sie wird dennoch möglicherweise leer ausgehen, weil sie keinesfalls nach Spandau möchte, wo aber die meisten Lehrer gesucht werden. Die 40-Jährige, die ihrem Mann nach Berlin gefolgt ist, will lieber in Charlottenburg-Wilmersdorf oder Steglitz-Zehlendorf arbeiten, um weite Wege zur Familie zu vermeiden. Wenn das jetzt nicht klappt, wartet sie bis zum Sommer, wenn nochmals über 1000 Stellen besetzt werden müssen.
Florian Stiklorus wäre lieber sofort dabei: Der 31-jährige Lehrer für Mathematik und Wirtschaft hat zurzeit nur eine befristete Stelle an einer privaten bayerischen Hauptschule und würde sich über eine feste Stelle in Berlin freuen. „Mit Spandau hätte ich auch kein Problem“, sagt der gebürtige Nürnberger. Ihn stört auch nicht, dass Berlin vor allem Grundschullehrer sucht: Er könnte zwar bis Klasse 10 unterrichten, aber Fünft- oder Sechstklässler an einer Grundschule schrecken ihn nicht. Auch damit, dass Berlin Lehrer nicht verbeamtet, kann Stiklorus leben: „Berlin zahlt gut“, findet er.
So sehen es auch viele der anderen „Bundesausländer“, wie sie informell in der Berliner Bildungsbehörde genannt werden: Von den bislang insgesamt 1450 Bewerbern mit abgeschlossener Lehramtsausbildung hat weniger als die Hälfte ihre Ausbildung in Berlin absolviert. An der Spitze der auswärtigen Bewerbungen steht NRW mit 180 Junglehrern, die gern nach Berlin möchten. 120 sind es aus Bayern und 70 aus Baden-Württemberg. „Die suchen das richtige Leben: Party und Kultur“, machte sich eine Bewerberin über drei Kollegen vom Bodensee lustig.
Neben den „gelernten“ Lehrern gibt es für die Mangelfächer auch wieder jede Menge Bewerbungen von Quereinsteigern, die sich um einen sicheren Lehrerjob bemühen: Knapp 1000 „vollständige und geprüfte“ Bewerbungen liegen bereits vor, gab die Bildungsverwaltung bekannt. Susanne Vieth-Entus
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