Brandenburg: Abgeblockt
Fast allen Fragen zur Schöneburg-Affäre wich Justizminister Markov im Sonderausschuss aus – und verkündete doch eine Neuigkeit
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Potsdam - Nicht einmal über die Formulierung des einzigen Punkts, der am Montag auf der Tagesordnung des Rechtsausschusses stand, konnten sich die Abgeordneten einigen. Er lautete: „Aufklärung des Vorwurfs der fehlerhaften Information des Rechtsausschusses durch Justizminister Dr. Helmuth Markov und Staatssekretär Dr. Ronald Pienkny“. Aus Sicht der Regierungsfraktionen SPD und Linke ist schon das eine falsche Tatsachenbehauptung, denn weder der Minister noch sein Staatssekretär hätten falsch informiert. Genau das Gegenteil meint die Opposition: Sie ist überzeugt, dass der Ausschuss belogen wurde – und wollte dazu den Minister befragen. Über zwei Stunden lang lieferten sich die Abgeordneten einen lebhaften Schlagabtausch – wobei sich allerdings wenig Neues ergab.
Hintergrund für die Sondersitzung waren Aussagen im Zusammenhang mit der Affäre um den ehemaligen Justizminister Volkmar Schöneburg (Linke). Er war im Dezember zurückgetreten, nachdem ihm Amtsmissbrauch und Begünstigung früherer Ex-Mandanten vorgeworfen wurde. Schöneburg hatte die Häftlinge Detlef W. und René N., die wegen der Entführung und brutalen Vergewaltigung einer 13-Jährigen in der Justizvollzugsanstalt (JVA) Brandenburg/Havel einsitzen, von 2001 bis 2006 als Anwalt vertreten. Zum Rücktritt hatte Schöneburg sich entschlossen, nachdem bekannt geworden war, dass er eine von der Anstaltsleitung angeordnete Verlegung seiner Ex-Mandanten persönlich stoppte. Gleichzeitig räumte er ein, dass es ein Fehler war, sein Handy für die Anrufe der beiden Gefangenen aus der Haftanstalt Brandenburg/Havel nicht gesperrt zu haben.
Seitdem fanden mehrere Sitzungen des Rechtsausschusses zu dem Thema statt – und in eben einer dieser Sitzungen soll Staatssekretär Pienkny gelogen haben. Den Beleg dafür will der CDU-Abgeordnete und Ausschussvorsitzende Henryk Wichmann bei einer Akteneinsicht gefunden haben. Dabei entdeckte er einen Vermerk, den eine Fachabteilung des Ministeriums für Markov erstellt hatte. Das Schreiben legt wie berichtet nahe, dass Pienkny entgegen besserem Wissen belastende Funde bei den beiden Gefangenen – Werkzeug, Zigaretten, Schuldscheine, Handy, Medikamente, aber auch Pornobilder jugendlicher Mädchen – verschwiegen hatte. Auch die Bedrohung von Mitgefangenen, die Bildung subkultureller Strukturen sowie die Anrufe der Gefangenen auf Schöneburgs Handy wies der Staatssekretär zurück. In dem Vermerk aus dem Justizministerium wird Pienknys Darstellung aber an mehreren Stellen widersprochen – Grund genug für die Opposition, eine weitere Sondersitzung des Rechtsausschusses einzuberufen.
Tatsächlich löcherten die Abgeordneten von CDU, FDP und Grünen den Justizminister während der Sitzung mit Fragen – doch nahezu alle blockte Markov ab. Der Vermerk, auf dem die Vorwürfe der Opposition basieren, enthalte missverständliche und unrichtige Angaben, sagte der Linke-Minister. Deshalb habe er ihn auch nicht abgezeichnet. „Es gibt eben unterschiedliche Auffassungen zwischen der Arbeitsebene und der Hausleitung“, sagte er. Der Minister ging auch auf die einzelnen Punkte ein, die Pienkny verschwiegen haben soll – und nahm seinen Staatssekretär erneut in Schutz. So habe Pienkny etwa nur deshalb nichts über die belastenden Funde in der Zelle des Gefangenen am Tag vor Schöneburgs Rücktritt berichtet, weil sich die Frage der Opposition auf einen anderen Zeitraum bezogen habe.
Rückendeckung bekam Markov von seinen eigenen Parteifreunden sowie vom Regierungspartner SPD. Vor allem SPD-Fraktionschef Klaus Ness setzte alles daran, die Aufmerksamkeit statt auf den Minister auf den Ausschussvorsitzenden Wichmann zu lenken. Mehrfach fragte er diesen, ob er den Vermerk an die Presse weitergegeben habe und warf ihm indirekt vor, den Datenschutz verletzt zu haben. Auch Wichmanns Ausschussleitung kritisierte Ness mehrmals. Er stellte dessen Unabhängigkeit infrage und drohte mit einem Abwahlverfahren. „Herr Schöneburg ist zurückgetreten, weil er Fehler gemacht hat, und damit ist der Fall erledigt“, sagte Ness. „Herr Wichmann versucht, das Thema aus wahltaktischen Gründen in die Länge zu ziehen.“
Eine Neuigkeit hatte Markov dann doch zu berichten – allerdings wohl keine von der Sorte, wie sie die Opposition sich erhofft hatte. Er teilte mit, dass die Staatsanwaltschaft prüfe, ob der Sicherheitschef des Brandenburger Krankenhauses, Heiko Dannat, ein Dienstgeheimnis verletzt hat. Dannat hatte Wichmann einen Brief geschrieben, aus dem hervorgeht, dass sich Schöneburg auch als Minister noch für seinen Gefangenen und früheren Mandanten eingesetzt haben soll – und damit einen Verdacht der Opposition bestätigt. K. Wiechers (mit dpa)
K. Wiechers (mit dpa)
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