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Brandenburg: Absturzgefährdete Häuser bis 2012 auf festem Grund
Schicksal von Nachterstedt bleibt Lauchhammer-Ost erspart
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Lauchhammer - Der Jahrestag des folgenschweren Unglücks von Nachterstedt mit drei Toten weckt auch bei den Bewohnern von Lauchhammer-Ost ungute Erinnerungen. „Wir sind noch einmal mit einem ''blauen Auge'' davon gekommen“, sagt Regina Schöbel, die in dem südbrandenburgischen Ort wohnt. Bei Erdarbeiten waren im Herbst 2009 im Bereich des früheren Tagebaus Lauchhammer III Probleme bei der Standsicherheit einer ganzen Reihe von Wohngebäuden festgestellt worden. Laut Sachverständigen befinden sich unter dem Gebiet extrem locker gelagerte Kippenböden, was zu plötzlichen Absenkungen des Geländes führen könnte. Zeitweise stand der Abriss der Häuser zur Debatte. Viele Bewohner dürfen aus Sicherheitsgründen bis heute nicht in ihre Gärten. Im nächsten Jahr will das Brandenburger Landesamt für Bergbau, Geologie und Rohstoffe mit der Sanierung beginnen.
„Das Schicksal von Nachterstedt bleibt uns Gott sei Dank erspart“, sagt Jürgen Schierz, der Kneiper aus dem „Fuchsbau“ in Lauchhammer-Ost. Ihm und seiner Familie kommen jetzt – ein Jahr nach der Katastrophe in Sachsen-Anhalt – die schrecklichen Bilder wieder in Erinnerung. Am Rande des „Concordia“-Tagebausees waren am 18. Juli 2009 unter fast drei Millionen Kubikmeter Erde drei Menschen verschüttet worden. Sechs Doppelhäuser wurden für unbewohnbar erklärt. Die 42 Bewohner mussten umziehen.
„So etwas wird uns nach den jetzt verkündeten Vorsorgemaßnahmen sicher nicht passieren“, hofft Schierz. Seine Lebensgefährtin Regina Schöbel fügt hinzu, mit den Flatterbändern, die jetzt noch aus Sicherheitsgründen einen kleinen Teil ihres Grundstücks absperren, könne man leben. „Eine steile Böschung mit einem Restloch wie in Nachterstedt gibt es nicht in Lauchhammer-Ost“, sagt Bergamtspräsident Klaus Freytag. Die letzte Kohle sei vor 90 Jahren aus der Grube Lauchhammer III geholt worden. Danach wurde sie vorschriftsmäßig verfüllt, dies habe auch ein in Auftrag gegebenes Gutachten bestätigt. Trotzdem wolle man mit einer Gebietsdrainage und der Errichtung einer Pumpstation sichergehen und die Einwohner dauerhaft vor Gefahren schützen.
„Wir haben das möglicherweise absturzgefährdete Gebiet des ehemaligen Tagebaus nach der Katastrophe in Nachterstedt intensiv untersucht“, sagt Abteilungsleiter Ulrich Obst vom Cottbuser Landesamt für Bergbau, Geologie und Rohstoffe (LBGR). Mit Tiefen- und Gebietsdrainagen und einer Pumpstation zur dauerhaften Absenkung des Grundwassers und ohne Umsiedlung könnten die Gefahren von Gefügebrüchen und Bodensackungen verhindert werden.
Im Mai 2011 sollen die Bauarbeiten zur Sicherung der Grundstücke beginnen. „Ende 2012 werden die bedrohten Häuser wieder auf einem sicheren Grund stehen“, kündigte der für Braunkohle und Sanierungsbau im Bergamt verantwortliche Abteilungsleiter an. Für die 17 unbewohnten Grundstücke und Gartenanlagen heißt es aber weiterhin „Betreten strengstens verboten“.
Bei den Wohnhäusern gelten nach wie vor die im November 2009 erteilten Sicherheitsauflagen. Auch die teilweise Sperrung der bewohnten Grundstücke wird nicht aufgehoben. Außerdem gilt für die drei Zufahrtsstraßen weiterhin ein Tempolimit von 30 Stundenkilometern und auch ein Fahrverbot für Lkw mit einem Gewicht von über 2,8 Tonnen.
Der frühere Bergmann Willi Welk aus dem Pappelweg hält nicht alle verkündeten Vorsorgemaßnahmen für das aufgeschüttete Kippenareal der von 1898 bis 1921 betriebenen Kohlegrube für erforderlich. „Die Drainage kann sich das Bergamt ersparen“, sagt der 79-Jährige, der 1983 in Lauchhammer-Ost ein Haus gekauft hat. „Wichtig ist vor allem die ständige Kontrolle von aufsteigendem Grundwasser“, sagt der Rentner, der bis 1983 auf einer Bergbauförderbrücke und im Bohrbetrieb tätig war. Er messe regelmäßig den Grundwasserstand in einer selbst gebauten Pumpanlage in 1,50 bis 2,30 Meter Tiefe. „Wird der Normalstand überschritten, dann wird abgepumpt.“
Britta Beyer
Britta Beyer
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