zum Hauptinhalt
Landtagsfraktionschef Hans-Christoph Berndt (r.) und Brandenburgs AfD-Chef René Springer (M.) 2024.

© dpa/Monika Skolimowska

AfD-Hochstufung in Brandenburg: Gutachten des Verfassungsschutzes vorab veröffentlicht

Am Donnerstag will Brandenburgs Innenminister die Gründe veröffentlichen, warum die märkische AfD zur gesichert rechtsextremistischen Bestrebung hochgestuft worden ist. Nun wurde das Gutachten des Verfassungsschutzes vorher publik.

Stand:

Drei Tage vor der offiziellen Vorstellung des AfD-Hochstufungsvermerks durch Brandenburgs Innenminister René Wilke (parteilos, für SPD) und den neuen Chef des Verfassungsschutzes Wilfried Peters hat das Portal Nius.de das Gutachten am Montag veröffentlicht. Das Innenministerium prüfe derzeit, ob es sich um den Originalvermerk handle, sagte eine Sprecherin am Montag auf Anfrage. Weiter kommentiere man die Veröffentlichung nicht. An dem Termin am Donnerstag ändere sich nichts. Dann soll das Gutachten auch auf der Ministeriumsseite publiziert werden.

Es überrascht nicht, dass das 142 Seiten umfassende Gutachten, in dem die Hochstufung der Brandenburger AfD zur gesichert rechtsextremen Bestrebung begründet wird, vorab von einem Portal verbreitet wird, das unter AfD-Anhängern beliebt ist. Im Netzwerk X finden sich zahlreiche Kommentare, die das Gutachten, unterzeichnet noch vom geschassten, früheren Verfassungsschutzchef Jörg Müller, als lächerlich und die Hochstufung als überzogen darstellen.

Der AfD-Landesverband habe aus der Presse von der Veröffentlichung des Vermerks erfahren, teilte dieser am Montagnachmittag mit. Man prüfe derzeit, ob die veröffentlichte Fassung mit der Version übereinstimme, die im Rahmen der AfD-Klage gegen das Innenministerium von der Gegenseite übermittelt worden sei.

Systematische Radikalisierung

Die AfD-Landtagsfraktion sprach in ihrem am Montag kurz nach der Nius-Veröffentlichung verschickten wöchentlichen Newsletter von einer „Posse, die derzeit im Innenministerium veranstaltet“ werde. Dabei hatte die AfD selbst durch die Einleitung eines Gerichtsverfahrens die Veröffentlichung offenbar in Unkenntnis der rechtlichen Lage blockiert.

Erst durch die von Minister Wilke im Landtag angeregte Rücknahme eines Eilantrags durch die AfD sei das Publizieren möglich. „Wir wollen, dass das ganze Land zu lesen bekommt, was Sie tun und was Sie mit diesem Land machen wollen“, hatte Wilke gesagt

Es bestehen keine Zweifel mehr an der extremistischen Ausrichtung des gesamten Landesverbandes.

Brandenburgs Verfassungsschutz laut vom Nius.de veröffentlichen Gutachten

In dem von Nius.de veröffentlichten Papier heißt es, es bestünden „keine Zweifel mehr“, dass eine Hochstufung vom Verdachtsfall zur gesichert extremistischen Bestrebung erfolgen müsse. Der AfD-Landesverband habe seit 2020 einen „Prozess der sukzessiven, systematisch betriebenen Radikalisierung durchlaufen“. Er habe seit der Einstufung als Verdachtsfall im Jahr 2020 „seine Kontakte zu rechtsextremistischen Vorfeldorganisationen gepflegt, aufrechterhalten und sukzessive intensiviert“. Genannt wird beispielsweise die Identitäre Bewegung.

Wesentliche Schlussfolgerungen aus dem Einstufungsvermerk hatte das Innenministerium mit Blick auf die Veröffentlichung am Donnerstag bereits genannt. Die AfD Brandenburg vertrete verfassungsfeindliche Positionen, sei „in hohem Maße fremdenfeindlich, zum Teil rassistisch, und richtet sich vor allem gegen Muslime“.

Als Beispiel wird im von Nius veröffentlichten Papier ein Zitat des Parlamentarischen Geschäftsführers der Landtagsfraktion, Dennis Hohloch, aufgeführt. Dieser sagte demnach im Januar 2025 in Falkensee: „Wir wollen keine Integrationspolitik oder keine Integrationsindustrie, keine Migrationsindustrie. Was wir brauchen, ist: Abschiebeindustrie! (...) Abschiebungen, raus mit diesen Leuten, die nicht in unser Land gehören, die nicht zu uns passen und die hier nicht sein dürfen.“ Der Verfassungsschutz stuft Hohloch schon länger als gesichert rechtsextrem ein.

Das gilt auch für Landtagsfraktionschef Hans-Christoph Berndt, der Spitzenkandidat zur Landtagswahl 2024 war. Er taucht mehrfach in dem Gutachten auf, unter anderem mit diesem Zitat, geäußert im August 2024 in Zossen: „Wir sagen es: Deutschland ist das Land der Deutschen und Deutschland soll das Land der Deutschen bleiben.“

Gegen Vielfalt

Der Bundestagsabgeordnete René Springer, seit 2024 AfD-Parteichef in Brandenburg, ist mit folgendem Zitat vom Februar 2025 vermerkt: „Sie winken hier mit dem Regenbogen und propagieren Vielfalt.“ Und wie die Vielfalt aussehe, könne man Polizeistatistiken entnehmen, meint Springer und verweist auf Morde durch Zuwanderer, Gruppenvergewaltigungen und Messerangriffe, „Regionalzüge, wo man das Gefühlt hat, man sitzt im Orient-Express“. Und weiter: „Wir wollen nicht, dass Deutschland ein internationales Siedlungsgebiet ist. Wir wollen, dass Deutschland deutsch bleibt. Und wir werden uns unser Land zurückholen!“

Die märkische AfD erkenne das Staatsvolk als Gemeinschaft der gleichen Staatsbürger nicht an, sagt der Verfassungsschutz. Stattdessen grenze sie deutsche Staatsbürger aus, die einen anderen kulturellen oder religiösen Hintergrund haben. Außerdem wähne sich die AfD in einem „geistigen Bürgerkrieg“ und sehne „revolutionäre Zustände“ herbei, um den „Parteienstaat“ abzuschaffen.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
console.debug({ userId: "", verifiedBot: "false", botCategory: "" })