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Uckermärker Bullen gehören zu den Atraktionen der größten Brandenburger Agrarschau BraLa in Paaren/Glien (Havelland).

© Nestor Bachmann lbn

Brandenburg: Aigner: Keine Entschädigung für märkische Bauern

Kein Generalverdacht wegen Ehec / Landtagsfraktion der Grünen fordert Wende in der Agrarpolitik des Landes

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Paaren/Glien - Brandenburger Obstbauern können bei Frostschäden an Bäumen kaum auf finanzielle Unterstützung durch das Bundesagrarministerium hoffen. Für Hilfen gebe es klare Spielregeln zwischen Bund und den Ländern, sagte Ministerin Ilse Aigner (CSU) auf der Landesbauernversammlung am Freitag in Paaren/Glien (Havelland). Es gebe immer mal wieder schwierige Zeiten in der Landwirtschaft, betonte die Ministerin auf die Bitte eines Obstbauern nach einem Engagement des Bundes.

Brandenburgs Agrarminister Jörg Vogelsänger (SPD) hatte bei der Veranstaltung auf der Agrarschau BraLa angekündigt, jetzt mit Obstbauern über finanzielle Hilfen zu sprechen. Es werde eine Schadensbilanz erstellt und eine mögliche Unterstützung mit dem EU-Recht abgeglichen. Er räumte ein, dass Brandenburg dies allein nicht leisten könne und deshalb auf den Bund baue. Er sei bei diesem Problem auch im Gespräch mit dem Brandenburger Arbeits- sowie dem Umweltministerium.

Die Gewährung von 2,8 Millionen Euro für 83 vom Binnenhochwasser im Oderbruch betroffene Betriebe sei für das Land schon eine große Kraftanstrengung gewesen, so der Minister. Die märkischen Obstbauern rechnen mit einem massiven Ernteausfall. Durch eisige Kälte Anfang Mai seien viele Blüten an den Kirsch-, Pflaumen- und auch Apfelbäumen erfroren. Die Schäden seien regional aber sehr unterschiedlich.

Aigner widersprach in ihrer Rede Landesbauernpräsident Udo Folgart. Dieser hatte wegen der Warnung vor dem Verzehr von Tomaten, Gurken und Blattsalat als Schutz vor einer Infektion mit dem Darmbakterium Ehec gesagt, die Landwirtschaft sei damit unter Generalverdacht gestellt worden. Die Bundesministerin verteidigte die Warnung als wichtigen Gesundheitsschutz für die Menschen. Es gebe bereits 19 Tote und 470 schwerstkranke Patienten.

Folgart beklagte, der Landwirtschaft in Brandenburg gehe für die Produktion viel Fläche durch andere Nutzung verloren. Es nannte die Zahl von sieben bis acht Hektar täglich. Deshalb forderte er einen Stopp bei der Ausweisung von Schutzgebieten. Auch mit Blick auf eine stärkere Nutzung erneuerbarer Energien dürften die Flächen nicht weiter verkleinert werden. Minister Vogelsänger sagte, mit ihm werde es keine Totalreservate geben, auch nicht in der Forstwirtschaft. Er habe keinen Hektar landwirtschaftliche Fläche herzugeben.

Die Brandenburger Grünen haben unterdessen eine neue Agrarpolitik des Landes gefordert. Sie soll wesentlich stärker als bisher auf die bäuerlichen Einzelbetriebe und den ökologischen Anbau konzentriert werden. Die seit dem Ende der DDR entstandenen Strukturen sind aus grüner Sicht ein wesentlicher Faktor für die Landflucht.

So hat die Landtagsfraktion der Partei in dieser Woche ein Buch „Umbrüche auf märkischem Sand“ vorgestellt, in dem sie sehr grundsätzlich die Entwicklung der Landwirtschaft seit 1990 kritisiert und weitreichende Veränderungen fordert. Bei der Vorstellung des Werkes lobte der aus der DDR-Opposition bekannt gewordene Landwirt und Umweltschützer Michael Beleites das Werk der Grünen als „mutiges und längst überfälliges“ Buch.

Die Bauern seien die wichtigsten Opfer des Kommunismus gewesen, in der Sowjetunion, in China, wo Millionen zu Tode kamen, aber auch in der DDR, wo durch die Zwangsenteignungen Hunderttausende in die Flucht getrieben worden seien. Die jetzigen Strukturen der Landwirtschaft spiegelten immer noch die DDR-Verhältnisse wieder. Die Folge davon sei ein radikaler Abbau von Arbeitsplätzen und die damit einhergehende Verödung des ländlichen Raumes. Es sei nicht wahr, dass der Erhalt der DDR-Großbetriebe positive Effekte gehabt habe. Eine von bäuerlichen Einzelbetrieben dominierte Landwirtschaft sei effektiver und schaffe mehr Arbeit. Mit dem Überleben der Großbetriebe aus der Zeit der DDR sei jetzt die Brandenburgische Landwirtschaft auch in besonderem Maße durch die Aktivitäten von Finanzinvestoren gefährdet. Die wiederum hätten kein Interesse an einer vielfältig orientierten Struktur, sondern setzten zumeist auf leicht zu bewirtschaftende Monokulturen. dpa/J. Legner

dpa, J. Legner

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