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Unterm roten Adler: Die Enquetekommission des Landtages soll die Wendezeit in Brandenburg aufarbeiten.

© dpa

Vergangenheitsaufarbeitung: Aktenfund zu Stolpe im Landtag

Bislang unbekannte Unterlagen der Bischofskommission könnten Auskunft über Lücken beim Stasi-Check nach der Wende liefern.

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Potsdam - Der Fund ist für die Debatte um Stasi-Verstrickungen und mangelnde DDR-Aufarbeitung in Brandenburgs Nachwendejahren brisant und könnte dazu führen, dass sich die Enquete-Kommission des Landtags doch noch mit den Stasi-Kontakten von Ex-Ministerpräsident Manfred Stolpe (SPD) befassen muss. Denn im Parlament sind bislang unbekannte Unterlagen zu den 1990 und 1991 durchgeführten Stasi-Überprüfungen von Abgeordneten und Regierungsmitgliedern aufgetaucht. Darunter ist nach PNN-Informationen auch ein Bericht der sogenannten Bischofskommission zu Ex-Ministerpräsident Manfred Stolpe (SPD), um dessen Stasi-Kontakte zuletzt wieder Streit zwischen SPD und der Opposition entbrannt war. Das Papier des katholischen Monsignore Karl-Heinz Ducke ist eine Ergänzung zum Ende 1991 vorgelegten Abschlussbericht zu den Stasi-Checks im Landtag. Darin begründete Ducke, warum im Abschlussbericht Stolpe und andere Zweifelsfälle wie der letzte Potsdamer SED–Bezirkschef und nach der Wende einflussreiche Linke-Politiker Heinz Vietze nicht einmal erwähnt werden. Anlass für das bislang nicht entdeckte Zusatzpapier waren damals aufgetauchte Unterlagen der Staatssicherheit über Stolpe, die schließlich einen Untersuchungsausschuss auslösten, der den heute 75-Jährigen 1994 aber weitgehend entlastet hatte. Eine Landtagssprecherin bestätigte gestern lediglich den Fund.

Zündstoff liefern die nun gefundenen Unterlagen für die Enquete-Kommission zur DDR-Aufarbeitung in Brandenburg, weil die rot-rote Mehrheit erst Mitte August verhindert hatte, dass Stolpes Stasi-Kontakte neu aufgerollt werden. Zugleich hatten SPD und Linke ein Enquete-Gutachten vom Juni massiv kritisiert, wonach die Stasi-Überprüfungen durch die Bischofskommission im Landtag nach 1990 auffällig nachsichtig waren sowie Stolpe und ein Dutzend weiterer Landtagsabgeordneter in der ersten Wahlperiode ihr Mandat hätten niederlegen müssen – wegen ihrer Stasi-Kontakte.

Nun steht fest, dass die Gutachter nicht alle Unterlagen einsehen konnten. Damit könnte auch der von der rot-roten Mehrheit durchgesetzte Enquete-Beschluss gegen neue Stolpe-Untersuchungen hinfällig sein. Anlass dafür war am 19. August ein Vorstoß der Grünen. Diese wollten klären, warum Stolpe in dem Abschlussbericht von 1991 nicht auftaucht und welche neuen Erkenntnisse es zu dem früheren Regierungschef gibt. Allerdings wussten die Enquete-Mitglieder zu dieser Zeit noch nichts von dem Zusatzbericht. Dabei hatte Landtagsdirektor Detlef Voigt die bislang unbekannten Papiere der Bischofskommission genau eine Woche vor der Enquete-Sitzung in seinem Schrank gefunden. Als die Kommission dann am 19. August, einem Freitag, tagte, wurde der Aktenordner an das Landeshauptarchiv übergeben, weil tags zuvor die Leiterin nicht im Dienst war. Erst am Sitzungstag informierte dann das Archiv die Vorsitzende der Kommission, Susanne Melior (SPD) per Brief und per E-Mail über den Fund. Allerdings wurde Melior das Schreiben erst nach dem Wochenende vorgelegt. Die beiden, von SPD und Linke massiv angegriffenen Gutachter sagten den PNN, ihre Expertise sei im Fall Stolpe „lückenhaft“. Hier müsse dringend nachgearbeitet werden.

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