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Brandenburg: "Aktie Wald": Die schnelle Mark ist nicht zu machen

Die Berliner und Brandenburger entdecken die märkischen Wälder zunehmend als Wertanlage. Angesichts endlicher Vorräte an Energie-Rohstoffen, Baumaterialien und ökologischer Ressourcen setzen immer mehr Menschen auf die "hölzerne Aktie".

Die Berliner und Brandenburger entdecken die märkischen Wälder zunehmend als Wertanlage. Angesichts endlicher Vorräte an Energie-Rohstoffen, Baumaterialien und ökologischer Ressourcen setzen immer mehr Menschen auf die "hölzerne Aktie". Die Motive, Waldgrundstücke zu kaufen, sind dabei aber höchst unterschiedlicher Natur: Während einige Erwerber ihre Träume von intakter Natur auf einem Waldgrundstück bis fünf Hektar verwirklichen wollen, kaufen andere Großflächen von mehr als 150 Hektar, um darauf Jagd zu betreiben.

Im Westhavelland (Altkreis Rathenow) beispielsweise gibt es 66 000 Hektar Wald- und Forstflächen, davon sind 7362 in Bundes-, rund 5000 in Landes- und 5330 Hektar in kommunalem Besitz, hinzu kommen Kirchenwälder bzw. Flächen, die noch privatisiert werden müssen. Die restlichen 31 000 Hektar Privatwald teilen sich allein 7000 Besitzer, darunter etwa drei Duzend, die mehr als 150 Hektar Wald ihr Eigen nennen.

Viele wollen hier jagen

Dabei ist der märkische Wald noch vergleichsweise preiswert. Zwischen 1700 und 4300 Mark je Hektar erzielt die Bodenverwertungs- und -verwaltungsgesellschaft (BVVG) im Durchschnitt für jeden in den neuen Bundesländern verkauften Hektar, im Havelland beispielsweise sind es nur 1200 im Altkreis Nauen, und 1700 Mark im Westen des Landkreises. Das liegt an der Bodenqualität - die Besitzer müssen sich schon überlegen, ob es sich lohnt, Buchen und Douglasien oder doch nur märkische Kiefer anzupflanzen. Rings um Cottbus beispielsweise gedeihen nur die genügsamen Nadelbäume, während in der Uckermark auch herrliche Mischwälder anzutreffen sind.

Gerade die größeren, zusammenhängenden Areale werden meist von Menschen aus den alten Bundesländern erworben, weiß Olaf Magritz, Chef des Rathenower Forstamtes. "Viele wollen hier aber nur jagen." Die große räumliche Entfernung zwischen Wohnsitz und Privatwald stellte oft auch ein Problem bei der Pflege der Forsten dar.

Michael Crone aus Lüdenscheid hat 1996/97 ein 780 Hektar großes Areal seiner Vorväter im westhavelländischen Dörfchen Böhne zurückerworben. Crone warnt vor Vorurteilen: "Es ist doch eine falsche Vorstellung, zu denken, wir rennen den ganzen Tag mit der Büchse durch den Wald." Schließlich habe jeder Erwerber vor dem Kauf ein Nutzungskonzept für den Wald vorlegen müssen, das werde auch kontrolliert. Dass er den eigentlichen Familienbesitz zurückkaufen musste, empfindet Crone als "faire Lösung": "Ich will den Menschen hier auch in die Augen schauen können, vor ein paar Jahren ist mir hier noch viel Skepsis begegnet."

760 Hektar Wald in Groß Wudicke, acht Kilometer vor Rathenow, hat Hubertus Krewel aus dem Ruhrgebiet geerbt. Der Mann besitzt zwei Sägewerke, die seit 130 Jahren als Familienbetrieb geführt werden, eines davon vor Ort im Havelland. "Der Verkauf von einstmals gestohlenen Wäldern, ist für mich eine Ironie der Geschichte. Mir drängt sich der Eindruck auf, dass mit diesem Geld der Aufbau Ost mitfinanziert wird." Krewel sieht seinen Besitz als "langfristige Kapitalanlage" an. "Eine schnelle Mark ist damit nicht zu machen." In jedem Jahr forstet er rund 100 Hektar Wald auf.

Bewirtschaftungsnachteil: Keine Regeln

Die größeren Areale sind relativ einfach und ökonomisch zu bewirtschaften. Schwieriger ist für die Leute vom Forstamt, die vielen Besitzer kleinerer Flächen zu betreuen. Hier müssen verschiedene Interessen unter einen Hut gebracht werden, "theoretisch darf jeder anpflanzen was er will, unabhängig von dem was der Nachbar macht", sagt der Finkenkruger Oberförster Bernd Schwidetzky. Auch die Grenzen zwischen den vielen kleinen Einzelflächen seien in der Praxis oft nur schwer zu erkennen, Grenzsteine sind häufig nicht mehr auffindbar. Zudem beklagen die Förster unzureichende Regeln für das Verhalten im Wald.

Forstamtschef Olaf Magritz verweist auf nur zwei Rechtsvorschriften, die es zu beachten gelte. So dürfen maximal drei Hektar Wald ohne Genehmigung durch das Forstamt geschlagen werden. Und zweitens darf man sich im eigenen Wald zwar mit Fahrzeugen und Pferden fortbewegen - "aber nicht zu sportlichen Zwecken". Die geringe Größe vieler Areale hat zudem noch einen großen Nachteil: Für einzelne Erwerber lohnt sich weder der Einsatz noch die Anschaffung der zum profitablen Wirtschaften notwendigen schwerer Technik. Deshalb müssen sich mehrere zu so genannten Forstbetriebsgemeinschaften zusammenschließen, um Technik zu kaufen und Personal anzustellen. Daran wiederum hat das Forstamt ein vitales Interesse.

Denn für die beispielsweise im Westhavelland verbliebenen 5000 Hektar Landeswald stehen 50 Waldarbeiter zur Verfügung. Viel zu viele. Die müssen nun unterkommen. Dabei kommt es den Forstleuten zugute, dass sich auch in Brandenburg in den vergangenen Jahren wieder mehr holzverarbeitende Betriebe angesiedelt haben. Es setzen eben viele auf die "Aktie Wald".

Dorothea Flechsig

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