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Brandenburg: Alle werden gewinnen

„Bundesvision Song Contest“ im Berliner Tempodrom. Mia sind Favorit, aber auch andere können hoffen

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Jan Delay sah schon mal besser aus. Ziemlich reglos sitzt der Hip-Hopper da, der Pelzkragen seiner Jacke verdeckt das Gesicht, die getönte Sonnenbrille bleibt auf der Nase. Deine Nacht war wohl lang, ruft Stefan Raab zu ihm rüber. Jan Delay antwortet nicht, grinst nur.

Da hocken sie, neben- und hintereinander auf den Stufen der kleinen Halle im Berliner Tempodrom. Die geschminkten Düsterrocker gleich neben den Second-Hand- Anzugträgern, die langhaarigen Softrocker neben dem Rapper. Man könnte meinen, sie warteten auf ihren Einsatz beim „Deutschland sucht den Superstar“-Casting. Dabei sitzen hier ausschließlich Profimusiker, manche sind schon Plattenmillionäre. Und vorne am Pult, Auge in Auge mit der Journalistenmeute, steht Stefan Raab und erklärt nochmal die Spielregeln. Die kann er auswendig, er hat sie erfunden. Sein „Bundesvision Song Contest“, der am heutigen Freitagabend zum dritten Mal insgesamt und zum ersten Mal in Berlin stattfindet, ist das lässige Gegenstück zum Schlagerwettbewerb „Eurovision Song Contest“. Der für die 14- bis 49-Jährigen, die keine Schnulzen von Ralph Siegel hören wollen: Wenn schon Schnulzen, dann bitte welche von Juli oder Lukas Hilbert.

Der größte formale Unterschied zum Klassiker: Bei Stefan Raab schicken nicht Nationen, sondern Bundesländer ihre Bands ins Rennen. Dementsprechend treten 16 Bands und Solokünstler an. Der Rapper D-Flame für Hessen, Oomph für Niedersachsen, Anajo für Bayern. Die Favoriten, da sind sich alle einig, heißen Jan Delay und Mia. Letztere sind die Einzigen, die gerade fehlen. Immerhin entschuldigt: Sie sind gerade nebenan in der großen Halle mit Proben an der Reihe, man kann den Gesang von Sängerin Mieze dumpf hören. Ihr Lied „Zirkus“ ist ein echter Ohrwurm, selbst durch die Betonwand durch. Ein Comeback wird es geben: Kim Frank, früher Sänger der Teenieband Echt, versucht es jetzt als Solokünstler. Er ist heute ganz in Schwarz gekleidet und sitzt vorne auf der untersten Stufe. Alleine. Kim Frank tritt für Hamburg an, sagt Stefan Raab. Da wird Jan Delay plötzlich munter – schließlich macht er das doch. Kim Frank lebt zwar in Hamburg, singt aber für Schleswig-Holstein. Ach ja, lacht Stefan Raab, kleiner Fehler. Die Zuordnung der Bands zu den Bundesländern ist nicht immer schlüssig. Manchmal reicht es, wenn Mitglieder einer Band dort geboren sind. „Das sehen wir nicht so eng“, sagt Raab.

Geht es nach Wohnorten, schickt Berlin gleich vier Bands ins Rennen: Neben Mia noch Beatplanet (Brandenburg), Tele (Baden-Württemberg) und Jenna+Ron (Sachsen-Anhalt). Überhaupt nimmt Berlin eine besondere Rolle ein: Kein anderes Bundesland hat im „ewigen Ranking“, also in der Summe der zwei bisherigen Wertungen, erfolgreicher abgeschnitten. Wobei die Bands, die unter falscher Flagge für andere Länder antreten, nicht mitgerechnet sind. Im vergangenen Jahr gewannen Seeed, im Jahr davor erreichte Masken-Rapper Sido mit „Mama ist stolz auf mich“ Platz drei.

Aber auch die Bands, die auf den hinteren Plätzen landen, können sich jetzt schon freuen: Nach einem Auftritt beim Bundesvision Song Contest sind Chartplatzierungen garantiert. Fettes Brot hatten mit Emanuela einen Riesenhit, die Hip-Hopper Deichkind nutzten ihre dreieinhalb Minuten, sich mit einer ausgefallenen Show ein neues Image als Electro- Trash-Künstler zu geben.

Weil sich das rumgesprochen hat, bringen viele der Künstler am heutigen Freitag neue CDs auf den Markt. Jan Delay, Mia, Tele und Kim Frank veröffentlichen Singles, Beatplanet ihr neues Album „Komm an Bord“. Und um den Hitcharakter der Songs zu beweisen, spielt Stefan Raab den Journalisten schon mal Ausschnitte der Songs vor. Die Musiker hören zu und freuen sich. Nur Jan Delay hat sich abgeseilt. Der sucht im Vorraum nach was zu trinken. Zum Wachwerden.

Die Show ist ausverkauft. ProSieben überträgt heute ab 20.15 Uhr live. Siehe auch Seite 18

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