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Kreisgebietsreform in Brandenburg: Alles auf Anfang

Umstrittene Kreisgebietsreform: Die Vertreter der erfolgreichsten Volksinitiative zeigen sich trotz Zugeständnissen kompromisslos

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Potsdam - Keine Kompromisse, keinerlei Annäherung: Im Land Brandenburg läuft weiter alles auf einen Volksentscheid über die umstrittene rot-rote Kreisgebietsreform hinaus. Auf einer Anhörung im Landtag haben am Donnerstag die Vertreter der mit 129 000 Unterschriften in nur 100 Tagen erfolgreichsten Volksinitiative der Landesgeschichte ihre Forderung nach dem Verzicht auf die Reform bekräftigt. Alle Verhandlungen über Nachbesserungen an den bisherigen Regierungsplänen, die die rot-rote Koalition inzwischen in Aussicht stellt, wurden abgelehnt.

„Wir wollen das, wofür die Leute ihre Unterschrift gegeben haben“, sagte etwa der Sprecher und frühere Prignitzer Landrat Hans Lange (CDU) unter Verweis auf den Wortlaut der Volksinitiative. „Wir stehen in der Pflicht, die Anerkennung unserer drei Forderungen zu verlangen.“ Der bisherige Landtagsbeschluss zur Reform müsse aufgehoben werden, lautet eine Forderung. „Alle Landkreise und kreisfreien Städte müssen in den jetzigen Grenzen erhalten bleiben.“ Drittens werde die Regierung aufgefordert, ein Konzept zur Stärkung der interkommunalen Zusammenarbeit vorzulegen. „Wir wollen zum Ausgangspunkt zurück. Wenn die Regierung darauf eingehe, sei man bereit, über ein neues Leitbild zu reden“, sagte Lange.

Die derzeitigen Kommunalstrukturen seien leistungsfähig – heute, aber auch künftig, so Lange. Er nannte die rot-roten Pläne „widersinnig“. Nach den Regierungsplänen sollen aus den bisher 18 Kreisen und kreisfreien Städten neun Regionalkreise werden und Potsdam dann einzige kreisfreie Stadt sein. Die Kommunalebene lehnt das geschlossen ab. „Nach einer Reform soll es doch besser sein als vorher. Das ist hier nicht der Fall“, sagte Dietlind Tiemann, CDU-Oberbürgermeisterin von Brandenburg an der Havel, das wie Cottbus und Frankfurt (Oder) in die Umlandkreise eingegliedert werden soll. Tiemann warf der rot-roten Regierungskoalition vor, die großen Städte im Land schlecht zu reden, um eine Einkreisung zu begründen. Nötig sei eine bessere Finanzausstattung der kreisfreien Städte.

Der Landtag muss nun entscheiden, wie er mit den 129 000 Unterschriften der Volksinitiative umgeht. Wird sie abgelehnt, was angesichts der antagonistischen Positionen unvermeidbar ist, folgen in der nächsten Stufe ein Volksbegehren mit erforderlichen 80 000 Unterschriften – und danach ein Volksentscheid. In der Anhörung verlangten die Sprecher der Volksinitiative, die Kreisgebietsreform zu beerdigen. „Das Pferd, auf dem Sie sitzen, ist tot. Steigen Sie ab!“, sagte der frühere FDP-Landtagsabgeordnete Hans-Peter Goetz. Auf die Frage des Linke-Abgeordneten René Wilke, ob es Kompromissmöglichkeiten gäbe, antwortete Goetz: „Gehen Sie zurück auf null!“

Die Vertreter der Initiative wurden von SPD- und Linke-Abgeordneten mehrfach gefragt, ob sie Reformbedarf sähen und wo sie Veränderungen vornehmen würden. Der Stahnsdorfer Bürgermeister Bernd Albers nannte eine verstärkte interkommunale Zusammenarbeit. Er räumte allerdings ein, dass bisherige Versuche zwischen Teltow, Kleinmachnow und Stahnsdorf, enger zu kooperieren, sich schwierig gestalteten.

In der Anhörung verteidigte Innenminister Karl-Heinz Schröter (SPD) die Reform, die wegen des Bevölkerungsrückgangs notwendig sei. Es gebe vier Prognosen zur Einwohnerentwicklung des Landes, „der Trend ist bei allen gleich, nämlich nach unten“, sagte Schröter. Man müsse es schaffen, dass Kreise im Schnitt 150 000 Einwohner hätten, um leistungsfähig und zukunftsfest zu sein. Er wies Aussagen Tiemanns in der Anhörung zurück, dass die Voten der Regionalkonferenzen zur Kreisgebietsreform im Jahr 2016 ignoriert wurden, es keine Protokolle gebe, alles in den Aktenschränken des Innenministeriums verschwunden sei. „Ist nicht so!“, sagte Schröter und verwies auf die öffentliche Datenbank des Landtages, wo man alles finden könne, „über tausend Seiten“. Das mag sein, konterte Lange. „Im Leitbild finden man davon fast nichts.“ Wilke bedauerte, dass kein Kompromiss zu finden sei. „Eine verpasste Chance“, sagte er. „Die Fronten verhärten sich leider immer mehr.“

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