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Brandenburg: Angreifen oder unterlaufen

Was tun mit der DVU? Die SPD setzt auf Konfrontation, die CDU will Themen übernehmen

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Was tun mit der DVU? Die SPD setzt auf Konfrontation, die CDU will Themen übernehmen Potsdam - Brandenburgs Parteien streiten über den künftigen Umgang mit der rechtsextremen DVU. Die PDS-Opposition, aber auch der CDU-Koalitionspartner stellten am Dienstag den neuen Kurs von SPD-Fraktionschef Günter Baaske in Frage, der die DVU öffentlich als „Nazis“ und „Rechtsnachfolger der NSDAP“ gegeißelt hatte. Die Auseinandersetzung werde auf „so primitiven Niveau geführt, dass es die DVU stärkt“, beklagte PDS-Vizefraktionschef Heinz Vietze. CDU-Fraktionschef Thomas Lunacek warnte: „Verbalattacken, die nicht der Realität entsprechen, werten die DVU nur auf.“ Lunacek wies darauf hin, dass jeder fünfte männliche Erstwähler die Rechtsextremen gewählt habe. Dies seien alles Jugendliche, auf die seit 1990 groß angelegte Programme – wie etwa Tolerantes Brandenburg – ausgerichtet waren. Sein Fazit: „Was im Land bei der Bekämpfung des Rechtsextremismus angepackt wurde, funktioniert offensichtlich nicht, und ist weitgehend gescheitert.“ Lunacek kündigte Konsequenzen an: Die Union werde künftig selbst „Begriffe wie Heimat und Nation“ stärker in den Vordergrund stellen und zwar in einer „jugendgemäßen Sprache“, um den Rechtsradikalen nicht die Deutungshoheit zu überlassen: „Es darf nicht verpönt sein, Stolz auf das eigene Land zu äußern“. Ob diese Rechnung aufgeht, bezweifeln Rechtsextremismus-Experten. So forderte der Politikwissenschaftler Richard Stöss von der Freien Universität Berlin in der PDS-Fraktion eine „konsequente Abgrenzung vom Rechtsextremismus“ – und stärkte indirekt Baaske den Rücken. „Man muss klare Grenzen ziehen“, sagte Stöss. Auch wenn man von den DVU-Vertretern im Landtag vielleicht einen anderen Eindruck habe, bleibe es eine rechtsextreme Partei, die „nicht verharmlost werden darf.“ Tatsächlich gibt sich die DVU als „normale“ Partei, kündigte jetzt etwa Anträge zur Bekämpfung von Graffiti und Untreue von Amtsträgern an. Dass die DVU bislang kaum durch rechtsextreme Provokationen oder Tabubrüche – anders als die NPD in Sachsen – auffiel, verstärkt die Unsicherheit unter den Landtagsparteien. In der letzten Legislaturperiode hatten SPD,CDU und PDS die DVU noch weitgehend ignoriert, was ihren Wiedereinzug ins Parlament jedoch nicht verhindern konnte. Doch auch was seit der Landtagswahl versucht wurde, sei „in die Hose gegangen“, sagte gestern Martina Weyrauch, die Chefin der Landeszentrale für politische Bildung. Tatsächlich gab es dabei auch noch mehrere Pannen. So musste sich jüngst Christoph Schulze, der parlamentarische SPD-Geschäftsführer bei einem DVU-Abgeordneten entschuldigen, weil er ihn im Plenum zu persönlich angegriffen hatte. Nicht erklären können sich SPD, CDU und PDS auch, weshalb die DVU-Fraktionschefin Liane Hesselbarth bei der Wahl in den so genannten G10-Ausschuss zur Kontrolle des Verfassungsschutzes mehr als die DVU-Stimmen erhielt. Und SPD-Fraktionschef Günter Baaske beklagte die geringe Teilnahme auf von SPD-Genossen bei der Gegendemonstration zum Nazi-Aufmarsch in Halbe, die in Widerspruch zum angekündigten offensiveren Umgang mit der DVU steht. „Das macht mich stinksauer.“

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