zum Hauptinhalt

Brandenburg: Angst in Kreuzberg

Kreuzberger Mieter drohte, sich in die Luft zu sprengen, weil seine Wohnung geräumt werden sollte

Stand:

Berlin - Joachim N. wollte seine Wohnung nicht verlieren – und löste einen riesigen Polizeieinsatz aus: Um 8.50 Uhr rief der 49-Jährige aus einer Telefonzelle den Polizeinotruf an und kündigte an, dass er sich in seiner Wohnung in Berlin-Kreuzberg in die Luft sprengen werde, weil seine Wohnung um 9 Uhr geräumt werden solle. Detailliert schilderte er sein Waffenarsenal: Zwei Handgranaten und eine Tellermine. Deswegen wurde die Drohung ernst genommen. Die Polizei räumte das Haus Manteuffelstraße 7, die benachbarten Blocks sowie zwei Schulen und einen Kindergarten, die innerhalb des Splitterradius einer Tellermine lagen. Über 400 Schüler wurden ins „Bethanien“ in Sicherheit gebracht. Die Gasag sperrte die Gasversorgung der Straße.

Dutzende schwerbewaffnete Beamte des Spezialeinsatzkommandos gingen in Stellung, ein Team verschanzte sich in der gegenüberliegenden Wohnung einer jungen Türkin, andere drangen über den Hinterhof des Mietshauses vor. Später schlugen SEK-Beamte die beiden Fenster zur Straße und die beiden zum Hof ein, warfen sicherheitshalber Blendgranaten hinein. Denn um diese Zeit, 11.11 Uhr, war durch modernste Überwachungstechnik schon klar: Die Wohnung ist leer – was die Lage nicht einfacher machte. Um 11.30 Uhr, zweieinhalb Stunden nach der Drohung, konnten die Anwohner in ihre Häuser zurück. Nach einer Großfahndung wurde Joachim N. dann um 14 Uhr an der Hasenheide in neukölln festgenommen: volltrunken und mit einer Spielzeugpistole bewaffnet.

Das Haus gehört der Wohnungsbaugesellschaft GSW. Nachbarn des allein lebenden Mannes berichten, dass es kürzlich eine drastische Miet- und Betriebskostenerhöhung gegeben habe – die Joachim N. offensichtlich nicht bezahlen konnte. Dies dementiert die GSW. Nach Angaben von GSW–Sprecherin Corinna Kaspar habe es in diesem und im vergangenen Jahr keine Mieterhöhung gegeben, der langjährige Mieter habe schlicht mehrere Monate nicht gezahlt und deshalb am Dienstag dieser Woche die Kündigung bekommen.

In dem persönlich übergebenen Schreiben habe man auf den „Mietersozialdienst“ des Unternehmens hingewiesen und das Angebot gemacht, gemeinsam eine Lösung zu finden, zum Beispiel durch Ratenzahlung. Darauf sei Joachim N. nicht eingegangen. Ein Gerichtsvollzieher wäre frühestens nach Ablauf dieser Frist bestellt worden, betonte Kaspar, eine Gerichtssprecherin bestätigte, dass es gestern keinen Termin gab.

Jörn Hasselmann

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
console.debug({ userId: "", verifiedBot: "false", botCategory: "" })