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Brandenburg: Angst vor Kohlendioxid-Lager

In Ostbrandenburg wehren sich Anwohner. Junghanns wirbt für CCS-Technik

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Beeskow - In Pfaffendorf baumelt eine Gasmaske unter einem Schild. Ein paar Meter weiter heißt es auf selbst gemalten Plakaten: „CO2 2-Endlager nicht mit uns!“ In Groß Rietz haben Anwohner auf ein Schild geschrieben: „Erneuerbare Energien mit uns immer - CO2-Endlager unter uns niemals!“ In den Ortschaften rund um Beeskow im Kreis Oder-Spree formiert sich Widerstand gegen die geplante unterirdische Speicherung von Kohlendioxid. Auch in Neutrebbin im benachbarten Kreis Märkisch-Oderland herrscht Aufruhr. Dort soll eine zweite Speicherstätte entstehen.

Der Energiekonzern Vattenfall will die Gebiete zunächst erkunden und damit die sogenannte CCS-Technologie (Carbon Capture and Storage) zur Abscheidung und Speicherung von CO2 voranbringen. Das Unternehmen betreibt im Braunkohlekraftwerk Schwarze Pumpe bei Spremberg bereits ein Pilotkraftwerk zur Abscheidung von Kohlendioxid. Jetzt sucht das Unternehmen nach geeigneten unterirdischen Lagerstätten zur Speicherung des klimaschädlichen Gases.

Die beiden vorerst für die Erkundung ausgewählten Gebiete im Osten Brandenburgs sind aufgrund ihrer Geologie interessant. Vattenfall-Projektleiter Thomas Lautsch betonte am gestrigen Donnerstag bei einem Gespräch zwischen Landwirten und Brandenburgs Wirtschaftsminister Ulrich Junghanns (CDU) in Beeskow: „In der Region gibt es salzwasserführende Gesteinsschichten, die besonders zur Speicherung von Gas geeignet sein könnten.“ Einerseits wirke der Sandstein in 1200 bis 1600 Meter Tiefe wie ein Schwamm und binde das CO2. Andererseits bildeten darüber liegende Schichten aus Ton und Salz eine undurchlässige Glocke. So könne das unter die Erde gepumpte CO2 nicht wieder austreten, sagte der Bergingenieur.

Die Bauern jedoch mögen nicht so recht daran glauben. Henrik Wendorff, Vorsitzender des Bauernverbandes in Märkisch-Oderland, sagte: „Wir sehen große Sicherheitsrisiken.“ Es könne niemand garantieren, dass nicht doch Kohlendioxid an die Oberflächeströme. Schließlich herrsche unter der Erde ein sehr großer Druck. Zudem könne CO2 schon beim Transport vom Kraftwerk zu den Lagerstätten austreten. Es müssten riesige Pipelines gebaut werden.

Sorge bereitet den Bauern auch die Zusammensetzung des Gasgemisches, das unter der Erde verpresst wird. Niemand habe bislang sagen können, ob und welche giftigen Stoffe enthalten sein werden. Ferner sind Landwirte und Anwohner überzeugt, dass mit den Kohlendioxid-Lagern der Wert ihrer Grundstücke sinken wird. Der Vorsitzende des Bauernbundes in Märkisch-Oderland, Manfred Wercham, spricht gar von Enteignung. Junghanns wies solche Bedenken vehement zurück und nannte das Beispiel Rüdersdorf. Dort gebe es einen unterirdischen Erdgasspeicher. Der Ort - ebenfalls in Märkisch-Oderland gelegen - entwickele sich trotzdem prächtig. Der Wirtschafts- und damit auch Energieminister warb zudem mit Nachdruck für die CCS-Technologie. Junghanns betonte: „Bei aller Liebe zu erneuerbaren Energien: Ohne Kohle kommen wir die nächsten Jahrzehnte noch nicht aus.“ Die Kohleverstromung müsse aber sauberer werden. Deshalb werde die CCS-Technologie entwickelt. Er nehme die Sorgen der Anwohner sehr ernst. Seiner Ansicht nach sei die Technologie jedoch „beherrschbar“. Auch Bergingenieur Lautsch versuchte zu beruhigen: „Bei der Speicherung wird es ein umfangreiches Monitoring und ein Frühwarnsystem geben.“ Außerdem verwies Lautsch auf Erfahrungen mit deutschlandweit mehr als 40 Erdgasspeichern.

Die Bauern bleiben skeptisch. Und nicht nur sie. Entlang der Straßen von Pfaffendorf und Groß Rietz macht auch die kürzlich gegründete Bürgerinitiative „CO2-Endlager Stoppen“ mobil. Auf ihrer Internetseite tickt eine symbolische Zeitbombe bis zum geplanten Beginn der CO2-Speicherung in gut fünf Jahren. Susann Fischer

Susann Fischer

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