Berlin - Massenansturm auf Nofretete im Neuen Museum Berlin: Fast 20 000 Besucher haben am Eröffnungswochenende die mehr als 3300 Jahre alte Büste der atemberaubend schönen Gemahlin des Pharaos Echnaton bestaunt. Am Samstag und Sonntag bildeten sich hunderte Meter lange Schlangen vor dem Neuen Museum, das für 213 Millionen Euro umgebaut und restauriert worden ist. Stundenlange Wartezeiten bei ungemütlichem, nasskaltem Wetter nahmen die Menschen in Kauf, um den ersehnten Blick auf die ägyptische Schönheit werfen zu bekommen. Der Eintritt an diesem Wochenende war frei. Ganz plötzlich wird es ruhiger. Während im Skulpturensaal im Neuen Museum noch munter umhergegangen und erzählt wird, herrscht in dem dunklen Raum mit den grünen Wänden auf einmal andächtige Stille. Vor der beleuchteten Glasvitrine hat sich eine Gruppe Menschen versammelt, die stumm staunend die Büste der Nofretete betrachtet. „Ist die schön“, murmelt es leise. Mit ihrer schlanken Nase, ihren zart geschwungenen Lippen und ihren perfekt definierten Wangenknochen hätte die ägyptische Königin auch nach heutigem Schönheitsideal gute Chancen, ein Star zu werden.
Das Neue Museum war am Freitag von Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) wiedereröffnet worden. Die Chance zum kostenlosen Eintritt am ersten Wochenende ließen sich Berliner und Touristen nicht entgehen und strömten in Massen zur Museumsinsel, 8000 waren es bereits am Samstag. Frühaufsteher stellten sich an beiden Tagen schon gegen 7.00 Uhr am Eingang auf, um unter den Ersten zu sein, die sich der schönen Königin wieder nähern konnten.
Dementsprechend lang war die Besucherschlange schon vor dem Einlass. Sie reichte vom Eingang des Neuen Museums bis in den Lustgarten – bis zu 400 Meter. Am Sonntag reagierte das Museum auf den gewaltigen Andrang und öffnete seine Türen bereits eine halbe Stunde früher um 9.30 Uhr statt wie angekündigt um 10.00 Uhr. Weil aus Sicherheitsgründen und zur Schonung der kostbaren Schätze immer nur etwa 1200 Besucher ins Museum gelassen wurden, dehnte sich die Wartezeit an den Nachmittagen laut Museumsangaben bis zu drei Stunden aus.
Endlich im Inneren des Museums angekommen, war von den Besuchern viel Begeisterung zu hören. „Das Warten hat sich auf jeden Fall gelohnt, die Ausstellung ist sehr beeindruckend“, sagte eine Berlinerin. Ein Gast aus den USA erzählte, dass es etwas Vergleichbares bei ihm zu Hause nicht gebe. Nicht nur die Nofretete löste bei den Menschen Staunen und Bewunderung aus. Zur Ausstellung mit unzähligen kostbaren Schätzen aus der Vergangenheit gehören unter anderem auch der Schädel des Neandertalers von Le Moustier oder Heinrich Schliemanns Sammlung Trojanischer Altertümer.
Die Sammlungen des Ägyptischen Museum und des Museums für Vor- und Frühgeschichte werden dabei nicht streng getrennt sondern gehen eine neuartige Verbindung miteinander ein. So ergibt die Präsentation ein Gesamtbild der Entwicklung der vor- und frühzeitlichen Kulturen vom Vorderen Orient bis zum Atlantik, von Nordafrika bis Skandinavien, von der Altsteinzeit bis ins Hochmittelalter. Viele Besucher nahmen sich die Zeit, um die imposante Architektur auf sich wirken zu lassen. Der britische Architekt David Chipperfield hat mit seiner Philosophie ein Haus geschaffen, das die Spuren der Vergangenheit nicht verwischt, sondern Narben und Risse, Einschüsse vom Krieg und abgebröckelten Putz weiterhin sichtbar lässt. Mit dem Umbau wurde das Neue Museum nach mehr als 70 Jahren wieder für die Öffentlichkeit zugänglich gemacht.
Von Montag an können die Besucher die Schlangen umgehen und sich Tickets für einen gewünschten Tag mit Einlass zu einer halbstündigen Zeitspanne nach ihrer Wahl anmelden. Gebucht werden können die Tickets im Internet (www.smb.museum/neues museum) oder telefonisch (030/266 42 42 42).
- showPaywall:
- false
- isSubscriber:
- false
- isPaid: