Von Peter Tiede: „Arrangement Platzeck“ im Cecilienhof
Gemeinschaftstermin von Vattenfall und Regierungschef ruft Umweltschützer und Kritiker auf den Plan
Stand:
Potsdam – Brandenburgs Grüne und verschiedene Umweltorganisationen planen ein politisches Störmanöver der besonderen Art: Sie wollen ein heiklen Lobbyistentermin in Potsdam für Werbung in eigener Sache nutzen. Am Dienstagabend hat die deutsche Tochter des schwedischen Staatskonzerns Vattenfall führende Medienvertreter Deutschlands zu einem Hintergrundgespräch ins Hotel Cecilienhof geladen. Nicht zu irgendeinem Gespräch in eigener Sache sondern zum „Hintergrundgespräch mit dem Ministerpräsidenten Brandenburgs, Matthias Platzeck“.
Es sei zumindest politisch nicht angebracht, dass Platzeck sich entweder zum Zugpferd Vattenfalls macht oder aber sich des Konzerns bedient, der mit seinen Braunkohletagebauen und Kohlekraftwerken in Brandenburg erhebliche wirtschaftliche Interessen hat, kritisiert der Landesvorstand der Grünen. Um den Vattenfall-Platzeck-Termin in Potsdam nicht zu einer einseitigen Braunkohle-Verkaufsveranstaltung werden zu lassen, wollen Grüne und Umweltschützer vor dem Hotel eine „Hintergrunddemo“ abhalten – ein Gegeninformationsgespräch für die anreisenden Chefredakteure und leitenden Redakteure im Freien. So eine Gelegenheit, mit den Meinungsführern der Republik ins Gespräch zu kommen, bekomme man nicht oft, hieß es. Da es Platzeck von Vattenfall ermöglicht werde, seine Kohle-Politik zu erläutern, sei es nur legitim, zu zeigen, dass es auch andere Sichtweisen im Land gebe.
Während die Kohlegegner das Platzeck-Arrangement Vattenfalls im Hotel Cecilienhof auf ihre Art kommentieren, haben Fachleute ein Problem mit dem Gastauftritt des Regierungschefs des Braunkohlenlandes auf der Veranstaltung des Braunkohlekonzerns. Der Staatsrechtler Professor Ulrich Battis nennt Platzecks Auftritt für politisch nicht geboten. Battis sagte den PNN, Platzecks Aufgabe als Regierungschef sei es, alles zu vermeiden, was den Anschein von Abhängigkeiten oder Lobbyismus haben könnte. Die sei hier nicht gegeben. Er sei verwundert, dass Platzeck zu Hintergrundgesprächen zur Vermittlung seiner politischen Ziele nicht selbst einlädt sondern sich dafür eines Konzerns bediene. Noch dazu, so Battis, Vattenfalls mit seinen massiven Interessen in Brandenburg. Andererseits sei es auch nicht gut, sich als Regierungschef vor den Karren Vattenfalls spannen zu lassen.
So sieht dies auch die Anti-Korruptions-Organisation Transparenz International. Der Anschein, das sich Platzeck entweder von Vattenfall die Journalisten nach Potsdam holen lässt – inklusive Shuttelservice aus Berlin und Hotelübernachtung –, oder aber, dass sich Platzeck „als Galionsfigur von Vattenfall einspannen lässt“, so ein Sprecher der Organisation, sei politisch problematisch. Politiker sollten über ihre eigenen Pressestellen zu ihren eigenen Hintergrundgesprächen einladen.
Der Deutschlandgeschäftsführer von Transparency, Christian Humborg, hatte den Vattenfall-Termin im Medienblog carta.info öffentlich gemacht. Humborg warnt dort vor einer „Dreierbeziehung zwischen Medien, Politik und Unternehmen, bei der die Rollen zu verwischen drohen“. Humborg verweist darauf, dass Vattenfall wie kaum ein anderes Unternehmen für viel Geld im Hintergrund von Politik und Medien „vermittelt“.
Humborg bezieht sich auf den Stern-Journalisten Hans-Martin Tillack, der in seinem Buch „Die korrupte Republik“ beschreibt, wie Vattenfall solche Veranstaltungen regelmäßig in einem Brandenburger Hotel durchführe. Humborg schätzt ein: „Die Einladung eines Politikers in seine Diensträume bei Tee und Gebäck hätte vermutlich nicht die Aufmerksamkeit zahlreicher führender Meinungsmacher erregen können. Daher schließt man sich zusammen. Der Politiker bietet die Inhalte; das Unternehmen bietet den Rahmen. Vermutlich lässt sich nur gemeinsam der gewünschte Erfolg erzielen.“
- showPaywall:
- false
- isSubscriber:
- false
- isPaid: