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Brandenburg: Ärzte verweigerten Hilfe

Auch Kassenärztliche Bundesvereinigung beteiligt sich an Aufklärung nach dem Tod einer Komapatientin

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Potsdam - Der Tod einer 70-jährigen Frau in einem Cottbuser Seniorenheim hat die Politik alarmiert: Gesundheitsministerin Dagmar Ziegler (SPD) versprach gestern erneut eine gründliche Prüfung der Umstände, warum 16 niedergelassene Ärzte in der Lausitz die Behandlung der Patientin abgelehnt hatten – unter Verweis auf ihre Überlastung. Wegen des Falls, der sich vorige Woche in der Nacht zu Donnerstag ereignete, hat die Staatsanwaltschaft Cottbus Ermittlungen gegen Unbekannt eingeleitet.

Ziegler warnte gleichwohl vor „Vorverurteilungen“. Sie betonte, dass nach bisherigen Ermittlungen die verweigerte Hilfe „nicht ursächlich für den Tod der Rentnerin war“, die nach einem Herzinfarkt in dem Seniorenheim im Wachkoma lag. Das bestätigte auch die Leitung des Seniorenzentrums „Johann Hinrich Wichern“. Dort verweist man darauf, dass die Bewohnerin vom ärztlichen Notdienst behandelt worden ist. Da der Fall Wellen schlägt und auch die Empörung in der Bevölkerung groß ist, verlangt inzwischen auch Bundesgesundheitsministerin Ulla Schmidt (SPD) Aufklärung, wie es zu der Kettenverweigerung kommen konnte. Schmidt verwies auf den „Sicherstellungsauftrag der Kassenärztlichen Vereinigungen“.

Brandenburgs Kassenärztliche Vereinigung (KV) hat unterdessen die betroffenen Ärzte um eine Stellungnahme gebeten. Sprecher Ralf Herre verwies jedoch darauf, dass Praxenschließungen in dünn besiedelten Regionen zu Mehrbelastungen für die verbleibenden Ärzte führten. Brandenburger Ärzte seien mit rund 1000 Patienten im Quartal auch im deutschen Vergleich sehr belastet, so die KV. In Brandenburg gebe es die geringste Arztdichte Deutschlands.

Vor diesem Hintergrund gibt es derzeit in Brandenburg wie in anderen neuen Bundesländern massive Ärzteproteste gegen Honorarkürzungen durch die Kassen.

Auch die Kassenärztliche Bundesvereinigung (KBV) will sich nach dem Tod einer Komapatientin in Cottbus an der Aufklärung beteiligen. Der Fall werde von seinem Verband untersucht, sagte KBV-Chef Andreas Köhler gestern. Unterdessen warf Brandenburgs AOK-Sprecher Jörg Trinogga der Kassenärztlichen Vereinigung vor, erst jetzt auf den Fall zu reagieren. Er habe von der KV bereits vor einer Woche Aufklärung gefordert. Zugleich verwies er darauf, dass Cottbus die zweitgrößte Stadt Brandenburgs sei. Dort gebe es keinen Ärztemangel. Da sei es erstaunlich, wenn so viele Ärzte eine Behandlung ablehnen. thm

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