Brandenburg: Auf allen Schienen
Das Unternehmen Desag würde das bedrohte Bahnwerk Eberswalde kaufen. Brandenburgs Regierung hält das Konzept für seriös
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Potsdam - Wegen der geplanten Schließung des voll ausgelasteten Instandsetzungswerkes in Eberswalde wächst der Duck auf die Deutsche Bahn AG. Auf einer gemeinsamen Pressekonferenz haben Brandenburgs Wirtschaftsminister Albrecht Gerber, der Eberswalder Betriebsratschef Ulf Boehnke, Bürgermeister Friedhelm Boginiski und der Barnimer Landrat Bodo Ihrke am Dienstag in Potsdam an Bahnchef Rüdiger Grube appelliert, das Werk nicht zu schließen, sondern an die Deutsche Eisenbahn Service AG (Desag) zu verkaufen. Die Desag hatte bereits im Oktober bei der Bahn ein Kaufangebot abgegeben. Seitdem sei nichts passiert. „Still ruht der See. Es gab keine Antwort“, sagte Desag-Vorstandschef Thomas Becken, der anwesend war und die Bereitschaft zur Übernahme des Werkes erneuerte.
Im dramatischen Ringen um das Werk läuft alles auf das Spitzentreffen mit Grube am Freitag hin. Bislang wird erwartet, dass er dann endgültig das Aus für das Bahnwerk verkünden wird. Es war bereits im Oktober 2014 beschlossen, nach Protesten noch einmal auf Eis gelegt worden. Die Bahn als bundeseigenes Unternehmen „darf sich nicht aufführen wie eine Heuschrecke von den Cayman Islands“, warnte Gerber.
Der Mann, der das Eberswalder Werk übernehmen würde, ist ein erfolgreicher Mittelständler. Thomas Becken, 48 Jahre alt, früher selbst bei der Bahn, hat mit der Desag eine Eisenbahn-Firmengruppe aufgebaut – sie hat 250 Mitarbeiter und 35 Millionen Euro Jahresumsatz. Begonnen hatte es vor 20 Jahren mit der Prignitzer Eisenbahn. Inzwischen betreibe man etwa mit der Potsdamer Eisenbahngesellschaft bundesweit auf der Schiene Güterverkehr, sagte Becken. „Der Markt ist stark wachsend. Es gibt einen großen Bedarf an Reparaturleistungen.“ Dafür würde dann das Werk in Eberswalde genutzt. Man habe bereits ein Bahnwerk in Wittenberge, das aber zu klein geworden sei und für die weitere Expansion nicht reiche. Becken hatte schon einmal ein Werk, das in Neustrelitz, von der Bahn erworben.
Für das Werk in Eberswalde habe man einen Preis „in sechsstelliger Höhe“ geboten, würde 100 der 350 Mitarbeiter übernehmen, fünf bis sechs Millionen Euro in den Standort investieren, sagte Becken. Er bestätigte, dass das Werk zumindest am Anfang auch auf Bahnaufträge angewiesen wäre. Eine Schließung wäre teurer für die Bahn, betonte Betriebsrat Boehnke. Trotzdem sieht alles danach aus, dass Grube das Werk im Zuge des Konzernumbaus nicht veräußern, sondern stilllegen will. Den PNN hatte Grube vor wenigen Tagen gesagt: „Alle Konzepte, die bisher auf dem Tisch liegen von den Investoren, sind weder konzeptionell noch wirtschaftlich tragfähig.“ Das zu bewerten sei nicht Sache der Bahn, sagte Gerber. Das Konzept der Desag, der man eine Förderung zugesagt habe, sei „belastbar und seriös“.
Inzwischen hat Brandenburgs Ministerpräsident Ministerpräsident Dietmar Woidke (SPD) bei Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) interveniert, um das Werk zu retten. Nachvollziehbare Gründe für eine Schließung seien bis heute nicht zu erkennen, heißt es in dem den PNN vorliegenden Brief. „Vielmehr verfestigt sich der Eindruck, dass es der Deutschen Bahn AG mehr um eine Marktbereinigung geht als um die Zukunft eines gut ausgelasteten Instandhaltungswerkes.“ Dabei habe das bundeseigene Unternehmen auch eine „strukturpolitische Verantwortung. Von dieser Verantwortung ist bislang nichts zu spüren.“ Woidkes Brief an die Kanzlerin endet so: „Ich möchte eindringlich an Sie appellieren, Ihren Einfluss auf die Deutsche Bahn AG geltend zu machen und diese Hängepartie zu einem guten Ende zu führen. Bitte helfen Sie und erwirken Sie eine baldige Entscheidung zugunsten des Standortes Eberswalde!“
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