Von Thorsten Metzner: Auf dem Sprung in den Landtag
Liberale und Grüne haben Chancen, diesmal wieder ins Parlament zu kommen / Die FDP peilt sogar die 10-Prozent-Marke an
Stand:
Potsdam - Es war kein Geringerer als Parlamentspräsident Gunter Fritsch (SPD), der einmal den Bedeutungsverlust des brandenburgischen Landtages, die langweiligen Debatten im Plenum beklagte, in dem die meisten Reden vom Blatt abgelesen werden: „Es hat sich manche Routine eingeschlichen.“ Was Fritsch damals diplomatisch verschwieg: Ein maßgeblicher Grund für die typische Eintönigkeit auf dem Brauhausberg liegt darin, dass mit SPD, CDU und Linken, die alle an personeller Auszehrung leiden, seit Ewigkeiten nur drei demokratische Parteien im Parlament der Mark vertreten sind.
Anno 2009, nach der Wahl am 27.September, wird dieser Zustand wohl ein Ende haben. Es sieht zumindest ganz danach aus. Erstmals seit 1994 haben sowohl die FDP, als auch die Grünen eine realistische Chance, den Wiedereinzug ins Parlament zu schaffen. Nach allen Umfragen in diesem Jahr liegen beide über der Fünf-Prozent-Hürde, die FDP bei 6/7 Prozent, die Grünen stabil bei 5 Prozent. Bei der Europawahl im Frühsommer holten die Liberalen 7,4 Prozent, die Grünen 8,4 Prozent.
Kein Wunder, dass die „Kleinen“ vor Selbstbewusstsein strotzen. So haben die Liberalen, die jetzt die „heiße Phase“ ihres Wahlkampfes einläuteten, ihr Ziel besonders kräftig nach oben korrigiert: Er wäre „enttäuscht“, sagte Spitzenkandidat und Generalsekretär Hans-Peter Goetz, „wenn die Partei die 10-Prozent-Marke verfehlen würde.“ Damit nicht genug: Die FDP müsse so stark werden, legte Goetz nach, „dass die SPD gar keine Wahl hat, als uns als Regierungspartner zu wählen.“ Tatsächlich haben sich die Liberalen - in den Kommunen mit 11 hauptamtlichen und 13 ehrenamtlichen Bürgermeistern vertreten - konsolidiert. Und sie überraschen mit frischem Personal, etwa mit der Vize-Spitzenkandidatin Linda Teuteberg, 28 Jahre jung, blond, klug, die in Potsdam von jedem Laternenpfahl lächelt - und mit einem Fernsehauftritt für Gesprächsstoff sorgte: Teuteberg, gemeinsam mit Westerwelle Gast bei Maybrit Illner, schlug sich dort so wacker, dass der Parteichef während der Sendung ins Schwärmen geriet. „Sie macht das doch klasse.“ Im märkischen Wahlkampf setzen die Liberalen auf klassische FDP-Themen, Bildung, Wirtschaft, Bürgerrechte, aber auch auf eine bessere Förderung der ländlichen Regionen. „Damit der Landarzt nicht nur im Fernsehen kommt“, steht auf einem der typischen blau-gelben Plakate. Auffällig ist, dass die FDP die radikale Konfrontation mit der regierenden SPD meidet. Lanfermann, einst Staatssekretär im Bundesjustizministerium: „Wenn die Chemie stimmt, kann man leichter Koalitionen schmieden.“
Diese Linie unterscheidet die FDP von den Grünen, die die von Ministerpräsident Matthias Platzeck geführten Sozialdemokraten bissiger angreifen - und insbesondere in der Energie- und Klimapolitik mit der Forderung nach einem mittelfristigen Ausstieg aus der Braunkohle diametral entgegengesetzte Positionen vertreten. Die SPD als „Hauptkonkurrent“ habe „dankenswerterweise“ in Brandenburg das Feld der Ökologie völlig geräumt, befanden Landeschef Axel Vogel und Spitzenkandidatin Marie-Luise von Halem kürzlich. Ziel seien „mindestens 8 Prozent“. Und zwar mit Argumenten, gerade in der Krise Jobs durch Ökologie, eine bessere Bildung durch weniger Auslese zu schaffen, und „frei von Filz“ zu sein. 2004 hatten die Grünen den Einzug in den Landtag mit 3,6 Prozent verfehlt, die FDP mit 3,3 Prozent. Anders als damals aber können FDP und Grüne diesmal darauf setzen, dass die Landtagswahl mit der Bundestagswahl zusammenfällt, bei der beide traditionell immer besser abgeschnitten haben. Und, neben dem knappen Wahlkampfetat von jeweils rund 100 000 Euro, gibt es da noch eine Gemeinsamkeit: Beide „Kleine“ schließen die Neuauflage einer Ampelkoalition mit der SPD nicht aus, die schon einmal von 1990 bis 1994 in Brandenburg regierte. Allerdings ist umstritten, ob die „Ampel“ dem Land auch gut getan hat.
- showPaywall:
- false
- isSubscriber:
- false
- isPaid: