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Brandenburg: Auf dem Weg nach Karlsruhe

Am höchsten Zivilgericht Brandenburgs sieht es für Peter Niedner, der vom Land 34 Millionen Euro Schadenersatz will, nicht gut aus. Er gibt nicht auf

Stand:

Potsdam - Es ist der größte Staatshaftungsfall in Brandenburgs Geschichte: Doch dem bayerischen Unternehmer Peter Niedner, der das Land auf 34 Millionen Euro Schadenersatz verklagt hat, droht vor dem Oberlandesgericht Brandenburg (OLG) erneut eine Niederlage. Zwar stand in der mündlichen Verhandlung am Dienstag für den 2. Zivilsenat unter dem Vorsitzenden Richter Helmuth Krah durchaus fest, dass die Klage zulässig ist und das Finanzamt Calau in den 90er Jahren mit der Aberkennung der Unternehmereigenschaft für Niedners damalige Firma gegen geltendes EU-Recht verstoßen hat. Aber Schadenersatzansprüche sieht das OLG, wie auch aus einem den PNN vorliegenden 15-seitigen sogennannten Hinweisbeschluss an beide Parteien zur Bewertung des Falls hervorgeht, trotzdem nicht – zumindest bisher.

Krah erläuterte, für das Gericht sei der „unmittelbare kausale Zusammenhang“ nicht hinreichend belegt, dass der Behördenfehler tatsächlich für das Scheitern des Niedner-Projektes einer von ihm 1992 geplanten neuen Baustofffabrik in Großräschen/Lausitz verantwortlich war. Wirtschaftsministerium und Förderausschuss des Landtages hatten damals sogar bereits 20 Millionen Euro Fördermittel bewilligt, die wegen des Konfliktes nicht mehr ausgezahlt wurden.

Der 78-jährige frühere VW-Manager bekam vom OLG nun bis 13. März noch einmal Zeit, konkrete Belege etwa über geplatzte Kredite oder abgesprungene Kunden nachzuliefern. Bisher will das OLG, wie Krah nach der gut dreistündigen Verhandlung verkündete, am 24.April ein Urteil verkünden, was allerdings von der Stellungnahme Niedners und seines Anwaltes Rolf Karpenstein abhängen wird.

„Wir haben Zweifel. Sie haben die Darlegungspflicht“, sagte Krah. „ Es mag ja alles so gewesen sein, aber sie müssen uns überzeugen, Fleisch dazugeben.“ Krah äußerte auch Zweifel an den Berechnungen von Niedner für den Schadenersatz, etwa, dass er entgangene Gewinne reklamiere. In einem früheren Verfahren hatte das OLG etwaige Ansprüche Niedners schon einmal abgelehnt, damals begründet mit Verjährung, was der Bundesgerichtshof im Mai 2011 aber kassierte. Und nach PNN-Recherchen wird der Fall, egal wie das Urteil am OLG als höchstem brandenburgischen Zivilgericht ausfällt, ohnehin wieder in Karlsruhe landen. Zwar wäre Niedner, der seit 18 Jahren mit dem Land streitet, zu einem Vergleich bereit, wie er auf Anfrage betonte. Auch sein Anwalt gab in der Verhandlung einen entsprechenden Hinweis, auf den der Senat aber nicht einging.

Grund ist offenbar, dass das Land hart bleibt. Eine von OLG-Präsident Wolf Kahl, der bis Oktober 2011 selbst für das Verfahren zuständig war und dann den Vorsitz des Senates abgab, angeregte und vom Petitionsausschuss des Landtags einstimmig befürwortete Mediation hatte Finanzminister Helmuth Markov (Linke) strikt abgelehnt. „Das Gericht tut sich schwer, zu Lasten der Staatskasse zu entscheiden“, sagte Niedner nach der hitzig geführten Verhandlung. Nach seinen bisher durchweg negativen Erfahrungen mit Brandenburger Institutionen zeigte er sich überzeugt, dass er sein Recht am Ende außerhalb des Landes durchsetzen wird. „Vor dem Bundesgerichtshof werde ich gewinnen“, sagte Niedner. Für ihn sei klar, dass das Land mit Blick auf sein Alter auf die biologische Lösung setze, und darauf, „dass mir finanziell die Puste ausgeht“. Deshalb erschien Niedner im Gericht demonstrativ in Begleitung seines 51-jährigen Sohnes „und Erben“ Hans-Ulrich Niedner.

Aber auch das Land geht aufs Ganze, operiert mit härteren Bandagen. Neuerdings wird das Finanzministerium von Anwalt Reinhold Kopp vertreten, früher SPD-Wirtschaftsminister und Staatskanzleichef Oskar Lafontaines im Saarland, später Chef-Lobbyist des Volkswagenkonzerns. Kopp argumentierte, dass die Niedner-Firma finanziell nie in der Lage gewesen sei, das Projekt zu stemmen. Die gesamte Argumentation Niedners sei absurd. Wenn er nachträglich die Millionen bekäme, sagte Kopp, „wäre das kein Schadenersatz, sondern Bereicherung“.“

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