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Fliegendes Auge. Über ein spezielles Kamerasystem hatte die Polizei am Donnerstag vom Hubschrauber aus Drängler auf der Autobahn 12 im Blick.

© Patrick Pleul/dpa

Brandenburg: Auf Dränglerjagd

Wegen der steigenden Zahl von Auffahrunfällen auf Autobahnen geht Brandenburgs Polizei per Hubschrauber auf Dränglerjagd

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Briesen - Schreckliche Bilder von Laster-Karambolagen auf den 800 Brandenburger Autobahn-Kilometern sind fast schon alltäglich. Häufig gilt nicht eingehaltener Sicherheitsabstand als Unfallursache. Denn allzu oft kleben Brummis Stoßstange an Stoßstange. Mehr als 2500 Lastercrashs mit 13 Toten wurden 2016 registriert. Das sind knapp 20 Prozent mehr Unfälle als ein Jahr zuvor. Dem risikoreichen Fahren ohne ausreichenden Abstand hat die märkische Polizei jetzt den Kampf angesagt und setzt auch auf Abschreckung aus der Luft. Mit einem „fliegenden Auge“, einem Hubschrauber, ging es am Donnerstag in einer groß angelegten Kontrollaktion auf der A12 (Berlin-Frankfurt/Oder) auf Dränglerjagd.

Lasterfahrern wird ab Tempo 50 ein Mindestabstand von 50 Metern zum nächsten Fahrzeug verlangt. „Aus der Luft haben wir die Autobahn mit einer Spezialkamera abgescannt“, erläuterte Co-Pilot Andreas Böcker. „Die hochauflösende Kameratechnik erlaubt es, dass wir genau sagen können, wie weit die Fahrzeuge auseinander sind“.

Kontrollstellenleiter Thomas Nöring fügte hinzu, „wir hatten von oben alle Brummis im Blick, die 30 Meter und weniger Abstand zum Vordermann gehalten haben.“ Die Bilder wurden noch in luftiger Höhe von einem Operator der Verkehrspolizei, der direkt hinter Böcker saß, begutachtet. Per Funk dirigierte er dann seine Kollegen am Boden, welche Fahrer aus dem Verkehr gezogen werden sollten. Motorradpolizisten setzten sich dann vor den Abstandssünder und geleiteten ihn auf den Rastplatz Kersdorfer See bei Briesen (Oder-Spree). Anschließend funkte der Helikopter seine Bilder per mobilem Internet an eine Bodenstation, um uneinsichtigen Verkehrssündern ihr Fehlverhalten auch zeigen zu können.

Zwischen 8.00 und 14.00 Uhr stoppten die Kontrolleure 91 Fahrzeuge und ahndeten 35 Abstandsverstöße. Hinzu kamen 39 Lasterfahrer, die gegen Lenk- und Ruhezeiten verstoßen hatten oder deren Fahrzeuge technische Mängel aufwiesen. Darunter war auch ein Lastzug mit einem Leopard-I-Panzer an Bord, der seine Fracht in ein polnisches Museum bringen wollte. Auch Reisebusse wurden herausgewunken und die Insassen kontrolliert. Zollbeamte ließen das Gepäck durch den erfahrenen Schnüffler „Joe“ begutachten. Der Belgische Schäferhund fand aber keine Drogen.

Spitzenreiter unter den Dränglern war ein Lastwagenfahrer, der zu seinem Vordermann nur einen Abstand von sechs bis zehn Metern einhielt. „Das ist leider der „normale Wahnsinn“ auf unseren Autobahnen“, beklagte Jan Strotzer, Brandenburgs ranghöchster Verkehrspolizist. Der Sünder musste 80 Euro Strafe zahlen und kassierte einen Punkt in Flensburg.

Heiß ging es her, als am Donnerstagmorgen ein weißer Wagen herausgewunken wurde. Mit gezückten Schusswaffen beendeten die Beamten jedweden Widerstand des 49-jährigen Fahrers, der zunächst Reißaus nehmen wollte, und legten ihm Handschellen an. „Der Mann gab dann zu, dass er als Kurier den gestohlenen Wagen für 300 Euro nach Polen bringen sollte“, so Polizeisprecher Torsten Herbst.

Das Auto sei in Köln entwendet und über GPS in Ostbrandenburg geortet worden. Die Kripo hat den Fall übernommen. In einer ersten Einschätzung sprach Strotzer von einer gelungenen Kontrollaktion. Der Einsatz des Hubschraubers habe sich zumindest präventiv schon mal gelohnt. „Wenn Autofahrer künftig einen Heli in der Luft sehen, gehen sie hoffentlich vom Gas und halten die Abstände ein.“ Die erste gezielte Kontrollaktion mit einem Hubschrauber war es nicht. Vor kurzem sei eine ähnliche Aktion in Nordbrandenburg gelaufen, sagte Herbst. Auch Bayern geht auf Verkehrssünderjagd aus der Luft. dpa

Georg-Stefan Russew

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