zum Hauptinhalt

Brandenburg: Auf ein Zweites!

Peter Seifert will Fürstenwaldes Brauereitradition wieder aufleben lassen. Einst wurde Bier aus der Spree-Stadt exportiert

Von Matthias Matern

Stand:

Fürstenwalde - Offenbar hat Andreas Kopac seine Arbeit gut gemacht. Sein Chef, Peter Seifert, ist zufrieden und auch den Testtrinkern hat es angeblich gut geschmeckt. „Erst mal haben wir ein Pils, ein Weizen und so ne Art Weihnachtsbockbier gemacht. Also ein etwas stärkeres Bier. War alles top“, bestätigt Seifert. Während der Name, der künftig auf den Etiketten stehen soll, bereits feststeht, tüfteln Brauereibesitzer Seifert und sein Braumeister Kopac noch am richtigen Geschmack für das neue Bier von der Spree. Das Fürstenwalder Rathausbräu soll eine alte Tradition wieder aufleben lassen. Knapp 500 Jahre lang wurde in Fürstenwalde (Oder-Spree) Bier gebraut. Erst 1936 musste sich die letzte Brauerei der Stadt der übermächtigen Konkurrenz aus Berlin geschlagen geben und ihre Pforten schließen. Jetzt bläst Seifert zur Gegenoffensive: Nicht nur in Fürstenwalde soll sein Bier wieder aus dem Zapfhahn fließen, auch in Berlin soll das Rathausbräu über den Tresen gehen.

„Noch im Januar will ich mit den ersten Flaschen nach Berlin fahren und Gastwirten im Prenzlauer Berg, im Friedrichshain oder in Mitte mein neues Bier aus Brandenburg vorstellen“, bestätigt der Geschäftsführende Gesellschafter der RHB Rathausbrauerei Fürstenwalde GmbH. Bis zu 6000 Liter kann Seifert in seinen Tanks in Fürstenwalde lagern. „Eine Minibrauerei“, räumt der geborene Bremer ein. Doch Seifert kennt sich aus im Brauereigeschäft. In der ganzen Welt hat der 50-Jährige mit seiner zweiten Firma, der Brau-Konzept GmbH, bereits sogenannte Kleinbrauereien auf Kundenwunsch aufgebaut – von Usbekistan über die USA bis nach Südkorea. Auch in Golzow bei Chorin (Barnim) und in Rathenow (Havelland) stehen Brauereikleinanlagen von ihm.

Dass Seifert nun ausgerechnet auch in seiner Wahlheimat Fürstenwalde gebaut hat und dabei sogar noch auf eigene Kosten, ist Zufall. „Vor rund zwei Jahren habe ich davon erfahren, dass die Stadt beabsichtigt, ihr altes Rathaus zu restaurieren und im alten Kellergewölbe ein Brauereimuseum mit einer kleinen Brauerei plant“, erzählt Seifert. „Da bin ich hingegangen und habe gesagt: Ich kann euch das bauen“. Allerdings muss der Geschäftsmann nur für die Brauanlage aufkommen. Für die Anschlüsse und die Sanierung des urigen Ratskellers aus dem Spätmittelalter, in dem das Museum und der Schankbereich untergebracht sein werden, hat die Stadt zu sorgen. Noch allerdings wird rund um die kupfernen Kessel und großen Edelstahltanks gewerkelt. Bauarbeiter verspachteln Fugen an neu eingezogenen Zwischenwänden, schleppen schwere Farbeimer durch das alte backsteinerne Gewölbe. Die Eröffnung ist für Anfang Juni geplant. Zufrieden dreht sich Seifert im Kreis: „Mehr Ambiente brauchen sie gar nicht.“

Insgesamt hat der Geschäftsmann eigenen Angaben zufolge 300 000 Euro investiert. Den Namen für das Bier hat er durch einen Wettbewerb in der lokalen Presse ermitteln lassen. Abgefüllt werden soll das Fürstenwalder Rathausbräu, wenn es dann geschmacklich ausgereift ist, in Flaschen und in gastronomietaugliche Fässer. „Es soll sich abheben von den großen deutschlandweit gängigen Sorten aber trotzdem ein größtmögliches Publikum erreichen“, sagt der Brauerei-Chef. „In der Kneipe müssen die Leute sagen: Das schmeckt so gut. Da nehme ich gleich noch eins“, stimmt Braumeister Andreas Kopac zu.

Guido Strohfeldt ist gespannt. Vom ersten Versuch hat der Leiter des Stadtmuseums von Fürstenwalde nichts kosten können. „Ich bin gerade erst aus dem Urlaub zurückgekommen und war total überrascht“, sagt Strohfeldt, der bei der Vorstellung, Bier aus Fürstenwalde könnte wieder zum Exportschlager werden, lachen muss.

Dabei verkaufte noch im 19. Jahrhundert die Familienbrauerei Zimmermann aus Fürstenwalde ihre Biere bis ins Ausland. Selbst in Japan hat die Braukunst der Spreestadt Spuren hinterlassen. „Im Jahr 1873 kam ein Japaner namens Nakagawa Seibei eigens nach Fürstenwalde, um hier zweieinhalb Jahre lang das Bierbrauen zu lernen. Danach ging er zurück und gründete Japans erste Brauerei. Noch heute ist die Sapporo-Brauerei eine der größten in Japan“, berichtet Strohfeldt.

Diese und ähnliche Anekdoten will der Museumschef zusammen mit alten Bierkrügen aus dem 17. jahrhundert und anderen Exponaten im alten Ratskeller präsentieren. Bis dahin hat Kopac noch Zeit, am Geschmack des Fürstenwalder Rathausbräu zu feilen. Den allerersten Sud hatte er bereits vor Weihnachten aufgesetzt – mitten auf der Baustelle. Für den Fachmann ein Graus: „Eine Brauerei ist nicht nur ein Lebensmittelbetrieb, sondern ein lebender Lebensmittelbetrieb. Eigentlich muss alles steril sein. Immerhin versklaven wir hier Tausende Milliarden von Hefezellen und ihre Feinde sind die Bakterien“, sagt der 48-Jährige aus Baden-Württemberg, der gelangweilt von Tabellen und Kalkulationen ein Betriebswirtschaftslehre-Studium in Berlin abbrach und aus seinem Hobby einen Beruf machte. Nach seinem Abschluss als Diplom-Braumeister in Berlin arbeitete Kopac in Shanghai, in Malaysias Hauptstadt Kuala Lumpur und in Brasilien. Die Stelle in Fürstenwalde aber lässt sein Herz höher schlagen: „Ich habe hier eine der größten Hobbybrauerein als Spielzeug zur Verfügung“, sagt Kopac begeistert.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
console.debug({ userId: "", verifiedBot: "false", botCategory: "" })