Brandenburg: Aufgebrochen und durchwühlt
Nach dem Einbruch in Heilmanns Senatorenbüro rätseln Polizei und Politik über die Hintergründe Steht die Tat im Zusammenhang mit den JVA-Ausbrüchen oder sogar mit der Gasnetz-Affäre?
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Berlin - Geflohene Häftlinge, ein öffentlich mithilfe von Anwälten ausgetragener Streit mit seinem Berliner Senatskollegen – und dann auch noch ein Einbruch in sein Senatorenbüro an der Salzburger Straße. Thomas Heilmann steht mächtig unter Druck am Ende von zwei für den Justizsenator dramatischen Wochen. Unbekannte haben sich Zutritt in das Gebäude der Justizverwaltung verschafft, gegenüber vom Rathaus Schöneberg. Sie verschafften sich Zugang zu Heilmanns Empfangsbüro, wie diese Zeitung erfuhr. Dort stehen auch die Aktenschränke, die aufgebrochen wurden. Ein stationärer PC wurde nicht angetastet. Heilmanns Laptop mit vertraulichen Daten und Korrespondenz war dagegen nicht im Büro, den habe der Senator immer dabei, hieß es.
Wonach die Einbrecher gesucht haben, als sie die Schränke des Vorzimmers aufbrachen, ist unklar. Einen politischen Zusammenhang schloss die Polizei am Freitag aus. Dass die Täter auf der Suche nach Akten, Notizen oder Korrespondenz im Zusammenhang mit der kartellrechtlich umstrittenen und politisch umkämpften Vergabe des Berliner Gasnetzes waren, wird eher bezweifelt. Unklar ist auch, ob die Täter aus dem Umfeld des weiterhin flüchtigen Mordverdächtigen Metin Michael Müslü stammen könnten, der Mitte Mai aus der JVA Moabit ausgebrochen war.
Die letzten Mitarbeiter in der Chefetage des Senators sollen kurz vor 18 Uhr – rechtzeitig vor dem WM-Spiel zwischen Deutschland und den USA – das Haus verlassen haben. Heilmann war während des Spiels in Köpenick im Stadion an der Alten Försterei, wo er in seiner Funktion als Vorsitzender der Stiftung „Save the Children“ beim Public Viewing Spenden sammelte. Der Reinigungsdienst ist in der Regel vom späten Nachmittag bis zum frühen Abend im Gebäude unterwegs.
Der Einbruch wurde erst am Freitagmorgen entdeckt. Im Eingangsbereich gibt es zwar einen Pförtner, aber der Zugang ist auch ohne Anmeldung möglich. Das Büro des Senators ist mit einem Spezialschloss zusätzlich gesichert. Ob aus den hinter dem Empfang liegenden Büros von Heilmann, dessen Büroleiter und dessen persönlichem Referenten ebenfalls Gegenstände entwendet wurde, ist unklar.
Der Landeschef der Piraten, Christopher Lauer, äußerte auf Twitter den Verdacht, der Einbruch sei inszeniert: „So wie ich Heilmann kenne, wird er bei sich selbst eingebrochen haben, damit jetzt vertrauliche Senatsdokumente an die Öffentlichkeit können.“ Auf Rückfrage sprach der Abgeordnete von „einem billigen Scherz auf Heilmanns Kosten“. Lauer weiter: „Aber ich kann leider nichts ausschließen bei dem Irrsinn in diesem Senat.“ Und das Vertrauen in Senator Heilmann sei „so zerrüttet, dass man ihm alles zutraut“. Der rechtspolitische Sprecher der Linken im Abgeordnetenhaus, Klaus Lederer, wollte „nicht herumspekulieren“ über die Hintergründe des Einbruchs bei Senator Heilmann, zumal der Vorfall sich bestens eigne als Vorlage für „Verschwörungstheorien“. Polizei und Staatsanwaltschaft müssten den Einbruch nun aufklären.
Dass ein Zusammenhang zwischen dem Einbruch und der Vergabe der Konzession für den Betrieb des Gasnetzes hergestellt wird, liegt an der Wucht, mit der Justizminister Heilmann und Finanzsenator Nußbaum in der umstrittenen Entscheidung aufeinander losgegangen sind. Heilmann hatte zuletzt sogar seine Anwälte gegen Nußbaum engagiert.
Zuvor war es am Dienstag zu einem Eklat gekommen, als Finanzsenator Ulrich Nußbaum von seinem Kollegen Heilmann im Zusammenhang mit der Konzessionsentscheidung über die Vergabe des Gasnetzes eine „dienstliche Erklärung“ verlangte. Dabei soll es, anders als zunächst kolportiert, nicht nur um eine mögliche Befangenheit Heilmanns wegen seiner Beteiligung am Energiedienstleister „Ampere AG“ gegangen sein. Teilnehmer der Sitzung sagten, es sei auch um die Frage gegangen, ob zwischen der Gasag und der Finanzverwaltung beziehungsweise Heilmann Unterlagen oder Informationen aus Unterlagen ausgetauscht worden sind. Dies wäre möglicherweise eine Straftat.
Grünen-Fraktionschefin Ramona Pop sieht aber auch „bei Finanzsenator Nußbaum eine bisher nicht da gewesene Grenzüberschreitung“. Der Finanzsenator habe die für Senatssitzungen geltende Vertraulichkeitspflicht gebrochen, indem er Heilmanns Abstimmungsverhalten öffentlich gemacht habe.
Lorenz Maroldt/Ralf Schönball
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