Von Alexander Fröhlich: Ausweg Fusionsprämien
Regierung will wegen Einwohnerschwunds Ämterauflösungen und Gemeindefusionen vorantreiben
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Potsdam - Die rot-rote Landesregierung in Brandenburg will auf Initiative des SPD-Landesvorstandes 2010 einen Neuanlauf für freiwillige Gemeindefusionen starten und Ämter abschaffen. Dabei liegt die jüngste Gemeindegebietsreform erst sieben Jahre zurück. In berlin-fernen Regionen aber stoßen die Pläne auf Skepsis.
„Wir halten nichts von einer weiteren Zentralisierung und einer weiteren Vergrößerung von Verwaltungseinheiten“ sagte Harald Ziegeler, Vize-Amtsdirektor in Lenzen-Elbtalaue. 2003 war die Zahl der Amtsgemeinden durch Fusionen bereits von sieben auf vier verringert worden. „Damals hat man sich eine größere Effizienz und Einsparung in den Haushalten versprochen. Das konnten wir bislang nicht erkennen.“ Die Landesregierung dagegen hält die Ämterstruktur und kleine Gemeinden für ineffizient - wegen der rasant sinkenden Einwohnerzahlen. Als magische Zahl galt schon 2003 die Zahl von 5000 Einwohnern. Aber in den sieben Jahre nach der Gebietsreform, die den Bevölkerungsschwund abfedern sollte, haben fast alle der 54 Ämter im Land Einwohner verloren. Inzwischen liegt jedes fünfte Amt unter der magischen Marke von 5000 Einwohnern.
Auch das Amt Lenzen-Elbtalaue ist voll im Trend, dort sank die Zahl der Einwohner von 5033 im Jahr 2003 auf 4572 im vergangenen Jahr, ein Rückgang von 9,2 Prozent. In der Uckermark ist das Amt Brüssow um 11,2 Prozent auf 4883 Einwohner geschrumpft, das Amt Gerswalde auf 5020 Einwohner.
Dieser Rückgang zieht für die Gemeinden und Ämter finanzielle Einschnitte nach sich. Die Schlüsselzuweisungen bemessen sich an der Zahl der Bewohner. Zudem soll das Landesgeld für die Kommunen bis 2020 wegen wegfallender Solidarpakt-Mittel um 20 Prozent sinken. Nun will die Landesregierung die Auflösung von Ämtern hin zu neuen Großgemeinden und freiwillige Gemeindefusionen mit finanziellen Anreizen vorantreiben. Bis Anfang nächsten Jahres schnürt das Innenministerium ein Maßnahmepaket, das auch die engere Zusammenarbeit von Landkreisen etwa mit gemeinsamen Behörden beinhaltet.
CDU-Innenexperte Sven Petke sieht zwar Handlungsbedarf: „Es gibt einen Zusammenhang zwischen Einwohnerzahl und wirtschaftlicher Leistungsfähigkeit. Je kleiner die Zahl, desto schwieriger ist es für die Kommunen, die Aufgaben zu erfüllen.“ Doch Petke warnt davor, Ämter und Gemeinde unter Druck zu setzen, „sonst mauern die Leute vor Ort“. Eine neue Strukturreform binnen zehn Jahren mit Blick auf die nächsten Kommunalwahlen 2014 sei den Gemeinden nicht zuzumuten und hätte vor dem Verfassungsgericht kaum Bestand - „das wäre ein Verstoß gegen die kommunale Selbstverwaltung.“ Für Karl-Ludwig Böttcher, Geschäftsführer des Städte- und Gemeindebunds, sind die neuen Pläne ein Schnellschuss. „Wir müssen erst die Verteilung der Aufgaben klären, dann können wir über die Strukturreform reden.“
In Lenzen-Elbtalaue ist die Selbst-Auflösung kein Thema. „Auf politischer Ebene des Amtes ist erklärt worden, dass es vorhat so zu bleiben wie es ist", sagte Ziegeler. „Ob wir nun drei oder sieben Haushalte für die Amtsgemeinden erstellen, das sind alles dieselben Abläufe, da spart man in der Großgemeinde nichts.“ Das Amt sei nah an den Bürgern, es gebe Gemeindebüros und bei wichtigen Fragen würden die Mitarbeiter auch persönlich zu den Bürgern kommen. Das Problem seien die Schlüsselzuweisung. „Alles ist auf die Zahl der Einwohner ausgerichtet. Aber die Fläche wird nicht beachtet.“
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