zum Hauptinhalt
Anne Baaske hört in Kürze bei der Awo auf.

© Awo Brandenburg/Stefan Specht

AWO-Chefin Baaske wirft hin : Nase voll von Vetternwirtschaft

Brandenburgs langjährige Landesgeschäftsführerin fordert ein Transparenzregister für die Wohlfahrt - und schildert, welche Probleme die AWO aus ihrer Sicht plagen.

Stand:

Paukenschlag bei der Arbeiterwohlfahrt in Brandenburg: Anne Baaske, die langjährige Geschäftsführerin des Landesverbandes und eine der dienstältesten der AWO in Deutschland, wirft das Handtuch. Und zwar ernüchtert und zermürbt im Ringen gegen Vetternwirtschaft und Eigenleben in einigen AWO-Kreisverbänden der Mark. Sie habe sich „nach langer Überlegung“ entschieden, zum 1. Januar 2023 das Amt als Geschäftsführerin des AWO Landesverbandes niederzulegen, erklärte Baaske am Donnerstag vor Journalisten in Potsdam.

„Ich habe leider festgestellt: Wir haben ein massives Compliance-Problem im Land, das aufgrund vieler Blockaden nicht überwunden wird.“ Als Mitglied der Compliance-Kommission auf Bundesebene habe sie selbst „über viele Jahre erlebt, wie Vorgänge in Mecklenburg, Hessen und Thüringen den Verband gebeutelt haben“. In diesen Ländern hatte es AWO-Finanzskandale gegeben, zuletzt in Frankfurt am Main.

Ich habe leider festgestellt: Wir haben ein massives Compliance-Problem im Land, das aufgrund vieler Blockaden nicht überwunden wird.

Anne Baaske

Zum Hintergrund: Der von Baaske gemanagte Brandenburger Landesverband, ein eingetragener Verein, ist eine Art Dachorganisation des Wohlfahrtsverbandes, der selbst aber keine gemeinnützigen wirtschaftlichen Unternehmungen betreibt. In den Kreis- und Regionalverbänden werden Einrichtungen der AWO betrieben wie Pflegeheime, Einrichtungen für Behinderte, Beratungsstellen, als gemeinnützige GmbHs teils mit Millionenumsätzen, und mit durchaus lukrativen Jobs.

Anlass für Baaskes Schlussstrich ist nach ihren Worten, dass von ihr veranlasste und betriebene „ordnungsgemäße Prüfmaßnahmen in AWO-Kreisverbänden seit dem Frühjahr 2021 massiv blockiert und verhindert werden“, so Baaske. „Im Zuge dessen wurde auch versucht, durch Druck, Drohungen und Angriffe auf die Reputation der PrüferInnen Compliance-Überprüfungen zu beeinflussen.“ Es geht um Vetternwirtschaft, um persönliche Verquickungen.

2009 legte sich Baaske mit dem Potsdamer Bezirksverband an

Da war nach ihren Schilderungen im Kreisverband Eberswalde die Mutter im ehrenamtlichen AWO-Vorstand, deren Tochter dort hauptamtliche Geschäftsführerin - aus ihrer Sicht ein Verstoß gegen den Compliance-Codex der Wohlfahrtsorganisation. In einem großen Brandenburger AWO-Regionalverband seien neben dem Geschäftsführer auch seine Lebenspartnerin und sein Sohn als Fachbereichsleiter beschäftigt, so Baaske. In einem dritten Verband seien zwei Schwestern tätig, die eine als Geschäftsführerin, die andere als Leiterin Controlling. Für Baaske ist das alles ein Widerspruch zum AWO-Codex.

Sie hatte sich bereits Ende 2009 mit einem Bezirksverband angelegt, als der sich gegen die Offenlegung von Beraterverträgen gestemmt habe, so Baaske. „Der AWO Bundesverband hat das damals so hingenommen und damit akzeptiert, dass dieser Verband sich der Aufsicht des Landesverbandes entzieht.“ Heute seien dort „einander nahestehende Angehörige im Vorstand und leitenden Funktionen tätig“. Gemeint ist der Bezirksverband Potsdam, der sich vom Landesverband abgespalten hatte.

AWO-Bundesverband greift ein

Intern rumort es in der AWO gewaltig. In Ostbrandenburg toben Auseinandersetzungen, samt gegenseitiger Strafanzeigen. Inzwischen hat sogar der AWO-Bundesverband eingegriffen, Prüfungen bei drei Kreisverbänden, einem Bezirksverband, einem Regionalverband und dem Landesverband selbst veranlasst.

Doch Baaske hat offenbar Zweifel, dass die Bundes-AWO wirklich durchgreifen will. Jedenfalls lautet ihr Fazit: „Für mich ist die wertegebundene AWO - auch auf Bundesebene - heute leider nicht mehr erkennbar. Wenn diese nicht mehr den Mut, die Durchsetzungskraft und den Willen hat, sich an den eigenen Regularien zu orientieren, dann kann das nicht mehr meine AWO sein.“ In ihrer Erklärung macht Baaske publik, dass „mehrfach versucht“ worden sei, sie mit der Offenlegung ihres Gehaltes unter Druck zu setzen, was sie ablehnt.

Das Gehalt sei ordnungsgemäß entsprechend der Empfehlungen der Bundesebene, es sei „weder an der Ober-, noch an der Untergrenze“, so Baaske gegenüber den PNN. Sie plädiert in ihrer Erklärung zudem dafür, für alle Manager und ehrenamtlichen Vorstände ein Transparenzregister in der Wohlfahrt in Brandenburg einzurichten, wie es für die Abgeordneten im Landtag gelte. Außerdem empfehle sie der Arbeiterwohlfahrt dringend, „ihren Governance-Kodex zu verschärfen“.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
console.debug({ userId: "", verifiedBot: "false", botCategory: "" })