Brandenburg: Bauern sehen im Tagebau Finanzrisiko Appell: Entscheidung
zu Welzow vertagen
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Cottbus - Vor der heutigen Beratung des Braunkohleausschusses hat der Bauernbund Brandenburg sämtliche Ausschussmitglieder vor „unkalkulierbaren Risiken“ einer Erweiterung des Tagebaus Welzow gewarnt und an sie appelliert, die Entscheidung darüber zu verschieben. „Wir appellieren an Sie, wenigstens für eine Vertagung zu stimmen, bis Klarheit über den Verkauf der Braunkohlesparte von Vattenfall herrscht“, erklärte Bauernbund-Vorstand Marcus Schilka am Sonntag. Nach der schwedischen Reichstagswahl im September werde der seit Langem diskutierte Verkauf wahrscheinlich, so Schilka weiter. Die raumordnerische Grundlage für einen neuen Tagebau würde nur den Verkaufserlös erhöhen, Brandenburg bliebe auf den Kosten sitzen, warnte er.
Wie berichtet könnten für die umstrittene Erweiterung am heutigen Montag die entscheidenden Weichen gestellt werden. Der Braunkohlenausschuss, der eine Empfehlung zur weiteren Braunkohleförderung in der Lausitz abgeben soll, tagt voraussichtlich zum letzten Mal im Cottbuser Messezentrum. Vattenfall will die Grube an der Grenze zu Sachsen um rund 2000 Hektar erweitern, um dort zusätzliche 200 Millionen Tonnen Braunkohle zu fördern. Die Pläne stoßen auf erbitterten Widerstand von Umweltaktivisten und Anwohnern. Mehr als 800 Menschen müssten umgesiedelt werden. Die Empfehlung des Ausschusses wird Grundlage für die Entscheidung der Landesregierung sein. Das Kabinett will noch vor der Sommerpause entscheiden.
Der Streit hatte sich zuletzt verschärft. Ein Verbund von Agrarbetrieben aus Proschim, einem Welzower Ortsteil, legte am Freitag beim Verwaltungsgericht Cottbus Klage ein. Wie schon fürs erste Teilfeld sollen sie erneut Flächen räumen. Für den Bauernbund-Vorstand ein weiteres Minusgeschäft: Die Abbaggerung von Proschim mitsamt etwa tausend Hektar land- und forstwirtschaftlicher Fläche sei volkswirtschaftlich ein Verlustgeschäft, so Schilka. „Selbst wenn wir mit gigantischem Aufwand die Kippen rekultivieren und die Flüsse säubern würden, bleibt eine Landschaft zurück, in der tausend Jahre keine Wertschöpfung mehr stattfindet.“
Für Missmut sorgte zudem wie berichtet ein Vorvertrag der Landesregierung mit Vattenfall zur „sozialverträglichen Umsetzung“ der Tagebau-Erweiterung. Gegner werten die Vereinbarung vom vergangenen Mittwoch als Beweis, dass Rot-Rot vorzeitig Fakten schaffen wolle. Umweltverbände werfen der Landesregierung zudem vor, die zahlreichen Einwände gegen das Vorhaben nicht ausreichend berücksichtigt zu haben.
Auch vom Braunkohleausschuss wird erwartet, dass er eine Erweiterung empfiehlt. Dies sei „für eine langfristig sichere Energieversorgung notwendig“, heißt es in einem Entwurf der Gesamtwertung des Gremiums, die der Nachrichtenagentur dpa vorliegt. Allerdings will die Bundesregierung den Verbrauch von Kohlestrom offenbar verringern. Wie die „Bild“-Zeitung in ihrer heutigen Ausgabe berichtet, will Bundesumweltministerin Barbara Hendricks (SPD) Anfang der Woche ein Eckpunktepapier an alle Kabinettskollegen verschicken. Danach sollen die Ministerien konkrete Maßnahmen benennen, um hierzulande den Ausstoß von klimaschädlichen Stoffen wie Kohlendioxid deutlich zu senken. Den entscheidenden Beitrag soll aber „die Energiewirtschaft leisten“, heißt es. M. Matern (mit dpa, AFP)
M. Matern (mit dpa, AFP)
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