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Dagegen. 103 545 Brandenburger haben das Volksbegehren gegen Massentierhaltung unterschrieben, gereicht hätten auch 80 000. Lehnt der Landtag die Forderungen ab, können die Bürger in einem Volksentscheid darüber bestimmen.

©  Patrick Pleul, dpa

Volksbegehren zur Massentierhaltung in Brandenburg: Bauernverband will den Volksentscheid

Landtag soll Volksbegehren zur Massentierhaltung ablehnen und eigenen Gesetzentwurf vorlegen

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Potsdam - Der Brandenburger Bauernverband macht Stimmung gegen das Volksbegehren gegen Massentierhaltung und drängt zu einem finalen Volksentscheid. In einem offenen Brief rief der Verband die Landtagsabgeordneten nun auf, das Volksbegehren abzulehnen. Zwar erkenne man die knapp 104 000 geleisteten Unterschriften an. Allerdings falle auf, dass die Bevölkerung in den Städten und berlinnahen Gemeinden sich überproportional an der Abstimmung beteiligt hätte, erklärte Sprecher Holger Brantsch am Donnerstag. Problematisch sei auch, dass die Abgeordneten nur im Ganzen abstimmen könnten. Manche Forderungen seien aber „schlicht unakzeptabel“. Brantsch verwies etwa auf das geforderte Klagerecht von Tierschutzverbänden gegen Genehmigungen von Anlagen und bei Missständen in der Tierhaltung. In dem Brief fordert das Präsidium des Landesbauernverbands die Landtagsabgeordneten nicht nur auf, das Volksbegehren abzulehnen, sondern einen Gegenentwurf zu formulieren und ebenfalls beim Volksentscheid abstimmen zu lassen.

„Wir bedauern, dass sich der Verband nach wie vor so schwertut, auf der Sachebene mit uns zu diskutieren“, erklärte der Sprecher des Aktionsbündnisses Agrarwende Berlin-Brandenburg, Michael Wimmer. Wo sich an gesetzliche Vorgaben gehalten werde, seien keine Klagen zu erwarten, ergänzte Nabu-Geschäftsführerin Christiane Schröder. „Eine Verbandsklage ist kein Selbstzweck und nur allerletztes Mittel, um die Einhaltung von Natur- und Umweltrecht durchzusetzen“, sagte sie. Auch Investoren bräuchen diese Rechtssicherheit für ihre Vorhaben. „Wenn man beim Hausbau die Regeln nicht einhält, darf man auch nicht bauen, das ist Normalität“, sagte Ellen Schütze vom Landestierschutzverband.

Der Wunsch nach gesunden Lebensmitteln und Fleischprodukten aus artgerechter Haltung sei verständlich, betonte der verbraucherpolitische Sprecher der CDU-Landtagsfraktion, Henryk Wichmann. Ein Klagerecht für Tierschutzverbände führe aber nicht zu mehr gesellschaftlicher Akzeptanz, sondern nur zu bürokratischem Aufwand. Um die gesellschaftliche Akzeptanz zu verbessern, müssten die Kommunen und Bürger vor Ort mehr Entscheidungskompetenzen bei der Genehmigung neuer Ställe vor Ort bekommen. „Es ist uns wichtig, die Landwirte einzubinden, die Wirtschaftlichkeit der Betriebe nicht zu gefährden und die Wünsche der Verbraucher ernst zu nehmen“, sagte Wichmann.

Grünen-Agrarexperte Benjamin Raschke sagte, der Widerstand des Landebauernverbands gegen ein Verbandsklagerecht sei unverständlich. Das Klagerecht sei in den vergangenen Jahren in sieben Bundesländern jeweils unter SPD- Regierungsbeteiligung eingeführt worden. „In keinem dieser Länder hat die Neuregelung zu einer Klagewelle gegen Tierhaltungsanlagen geführt“, sagte Raschke. Die SPD im Landtag argumentiere mit ihrer Ablehnung des Verbandsklagerechts gegen das eigene Bundestagswahlprogramm. Die Linke sei weitaus fortschrittlicher. Daher werde es spannend, ob es der Koalition gelingen werde, eine gemeinsame Haltung zum Volksbegehren zu finden. Die Linke will die Argumente des Bauernverbandes prüfen, zeigt bislang aber deutlich Sympathien für das Volksbegehren gegen Megaställe. Verbraucherschutzminister Helmuth Markov (Linke) hatte das Volksbegehren sogar unterschrieben.

Mit 103 545 abgegebenen Unterschriften Ende Januar war das Volksbegehren erfolgreich. Notwendig waren laut Gesetz 80 000. Das Landtagspräsidium wird sich am 2. März mit dem Volksbegehren beschäftigen. Anschließend muss sich der Landtag innerhalb von zwei Monaten damit befassen. Wenn das Parlament die Forderungen ablehnt, können die Bürger in einem Volksentscheid darüber bestimmen.

Die Initiatoren des Volksbegehren bereiten sich bereits darauf vor. Kampagnenleiter Jens-Martin Rode sagte: „Für den Volksentscheid sehen wir uns gut aufgestellt und sind angesichts der kurzen Vorbereitungszeit bereits voll in die Planung eingestiegen, da wir uns mit allen möglichen Szenarien beschäftigen müssen.“ Der Bauernverband lehne zwar die Forderungen des Volksbegehrens ab, sei aber bislang nicht fähig, eigene Vorstellungen für den geforderten Gegenentwurf einzubringen.

Wie berichtet hat die Landtagsverwaltung vorgeschlagen, den möglichen Volksentscheid gegen Massentierhaltung auf das erste Wochenende in den Sommerferien zu legen, nämlich auf den 24. Juli, mitten in der Urlaubszeit. Laut einem internen Vermerk hat die Landtagsverwaltung eine tabellarische „Ereigniskette“ erstellt. Unter Berücksichtigung aller gesetzlicher Fristen „wäre der letzte mögliche Abstimmungstag für einen dann stattfindenden Volksentscheid der 24. Juli 2016“, heißt es in dem dreiseitigen Papier. (mit dpa)

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