Brandenburg: Bei Amazon verdient die NPD mit
Homepage des Kreisverbands Barnim-Uckermark wird in einem „Partnerprogramm“ geführt
Stand:
Berlin/Potsdam - Die NPD sucht verzweifelt nach Geldquellen. Da darf sie nicht wählerisch sein, und so wurde man beim geschmähten US-Kapitalismus fündig: Das Internet-Versandhaus Amazon führt die Homepage des Kreisverbands Barnim-Uckermark der rechtsextremen Partei in einem „Partnerprogramm“, das der NPD stetigen Zufluss von Einnahmen bietet. Auf der Homepage „Nationales Netztagebuch“ ist eine Rubrik „Kaufen & Helfen“ eingerichtet, die mit Amazon.de verlinkt ist. Da gibt es Literatur zu „Judenfragen“ und zu Rudolf Heß, die über Amazon zum Kauf angeboten wird. Die NPD verdient einige Prozente mit, wenn ein Käufer über den Link zu Amazon gelangt und sich mit rechtem Lesestoff eindeckt. Nicht nur das: Es fließt auch Geld, wenn über den Link der Kauf eines anderen, unverdächtigen Produkts zustande kommt. Die NPD freut sich: In der Rubrik steht „Vielen Dank dafür“.
Die seltsame Geschäftsbeziehung hat der Brandenburger Verfassungsschutz entdeckt. „Amazon nennt das Werbekostenerstattung“, schreibt die Behörde auf ihrer Website, „andere könnten das eine wirtschaftliche Partnerschaft mit verfassungsfeindlichen Extremisten nennen“. Auch Berlins Verfassungsschutz hält die Verbindung der NPD zu Amazon für „absolut problematisch“. Härtere Worte noch sind in den demokratischen Parteien zu hören – bis hin zur Drohung mit einem Aufruf zum Boykott. Es sei „unmöglich“, dass sich der Konzern mit der NPD einlasse, sagt der Präsident des Abgeordnetenhauses, Walter Momper (SPD). Sollte Amazon die Partnerschaft nicht kündigen, „muss man die Firma boykottieren“. Nahezu wortgleich äußert sich Volker Ratzmann, Chef der Grünenfraktion. Außerdem müsse Amazon „sein Sortiment auf rechtsextremes Material durchforsten und das sofort rausschmeißen“.
Das sieht Bundestagsvizepräsidentin Petra Pau (Linke) genauso. Sie erwartet, „dass Amazon auf der Stelle die Geschäftsbeziehung zur NPD beendet“. Sollte das nicht passieren, will Pau „alle Demokraten aufrufen, nicht mehr bei Amazon zu kaufen“. Solange Amazon die Partnerschaft mit der NPD beibehalte, „werde ich bei Amazon nicht kaufen“, sagt der Chef der Berliner FDP, Markus Löning. Der Fraktions- und Landesvorsitzende der Berliner CDU, Frank Henkel, hofft auf Einsicht: „Wenn die Firma sich und ihre Geschäftsbedingungen ernst nimmt, sollte sie den Vertrag umgehend kündigen.“
In den „Teilnahmebedingungen“ des Partnerprogramms von Amazon.de steht, das Unternehmen sei jederzeit berechtigt, eine Anmeldung zurückzuweisen, „wenn wir nach unserem eigenen Ermessen feststellen, dass die Partner-Website sich nicht für die Teilnahme am Amazon.de-Partnerprogramm eignet“. Als Kriterien werden unter anderem „diskriminierende Inhalte, basierend auf Rasse, Geschlecht, Religion, Nationalität, Invalidität, sexueller Orientierung oder Alter“ genannt. Rassistische Diskriminierung findet sich auf der Website „Nationales Netztagebuch“ fix: Unter der Überschrift „Einwanderungswahnsinn – gab es das wirklich schon immer?“ verkündet die NPD, „kulturell und ethnisch Fremden“ sei „niemals eine Einbürgerung zu gestatten“.
Amazon reagiert auf eine Anfrage dieser Zeitung so: „Wir prüfen derzeit die Einhaltung der Teilnahmebedingungen unseres Partnerprogramms durch die Website und werden nach Abschluss der Prüfung adäquate Maßnahmen treffen.“ Im Mai hatte die Firma Brandenburgs Verfassungsschutz mitgeteilt, sollte „ein offizielles Verbot“ zu den im „Nationalen Netztagebuch“ beworbenen Artikeln „oder zu der Seite selbst geschehen“, würden diese „umgehend aus dem Angebot beziehungsweise dem Partnerprogramm“ entfernt. So geschah nichts. Auf die Frage dieser Zeitung, warum Amazon überhaupt rechtsextreme Schriften anbietet, antwortet die Firma, sie übernehme „stets die Einschätzung“ von Gerichten, Staatsanwaltschaften und der Bundesprüfstelle für jugendgefährdende Medien. Ansonsten nehme Amazon „bei der Beantwortung der Frage, ob ein Produkt vertrieben werden sollte, keine eigene Wertung vor“. Frank Jansen/Florian Kneist
- showPaywall:
- false
- isSubscriber:
- false
- isPaid: