zum Hauptinhalt
Wo kommt der Riss her? Opfer von Bergbauschäden haben es schwer, ihre Forderungen gegen große Energiekonzerne durchzusetzen. In Brandenburg gehen laut Landeswirtschaftsministerium jährlich rund 250 Schadensmeldungen ein.

© M. Pichlmaier/ideengruen

Brandenburg: Bei Streit nach Cottbus

Konflikte um Tagebauschäden sollen an Lausitzer IHK geschlichtet werden

Von Matthias Matern

Stand:

Potsdam/Cottbus - Die geforderte Schiedsstelle für Betroffene von Tagebauschäden soll nach Plänen des brandenburgischen Wirtschaftsministeriums an die Industrie- und Handelskammer Cottbus (IHK) angegliedert werden. „Wir sind seit einiger Zeit mit der IHK in Verhandlung, die Gespräche sind aber noch nicht abgeschlossen“, sagte Ministeriumssprecher Steffen Streu am Montag den PNN.

Erst am Wochenende hatten Betroffene ihre Forderung nach einer solchen Schiedsstelle bei einem Sternmarsch gegen den vom staatlichen Energiekonzern Vattenfall geplanten neuen Tagebau Jänschwalde-Nord erneuert. Zudem hatten der Bürgermeister der Gemeinde Schenkendöbern, Peter Jeschke (CDU), und die Lausitzer Bürgerinitiative „Vermutete Bergschäden“ einen gemeinsamen Brief an Wirtschaftsminister Ralf Christoffers (Linke) mit Anforderungen an die geplante Schiedsstelle veröffentlicht.

Wie berichtet hatte sich der Minister Anfang November nach monatelangem Druck im Wirtschaftsauschuss des Landtages bereit erklärt, eine entsprechende Anlaufstelle zu schaffen. Bislang stehen von Bergbauschäden Betroffene in Brandenburg weitgehend alleine da. Da sie nach Bundesbergrecht gegenüber den großen Energiekonzernen selbst nachweisen müssen, dass Schäden an ihren Häusern, etwa Risse in Fassaden, durch den Bergbau verursacht worden sind, bleiben sie oft auf ihren Forderungen sitzen.

Zwar hatten Betroffene wie Hannelore Wodtke von der Bürgerinitiative „Vermutete Bergschäden“ sowie Landtagspolitiker von Grünen und CDU das Einlenken Christoffers begrüßt, aber auch die Sorge geäußert, eine solche Schiedsstelle könne möglicherweise dem Ministerium angegliedert werden und damit nicht unabhängig sein. Der Hauptgeschäftsführer der IHK Cottbus, Wolfgang Krüger, bestätigte am Montag die Gespräche. „Noch ist nichts in trockenen Tüchern. Dass aber eine solche Einrichtung sinnvoll ist, zeigen die Beispiele in Nordrhein-Westfalen und im Saarland“, sagte Krüger den PNN. In Nordrhein-Westfalen, wo jährlich vor allem wegen der Steinkohleförderung bis zu 40 000 Schadensmeldungen anfallen, gibt es seit Ende 2010 eine solche Schlichtungsstelle, im Saarland bereits seit 2002.

Seinen Vorschlag, wie die Anlaufstelle aussehen soll, hatte Christoffers kurz vor Weihnachten den Mitgliedern des Wirtschaftsausschusses vorgelegt. Neben der Anbindung an die IHK will der Minister den Betroffenen die Möglichkeit einräumen, einen Beisitzer zu bennen. Finanziert werden soll die Einrichtung zu je einem Drittel vom Land, von Vattenfall und dem Bergbausanierer LMBV.

Hannelore Wodtke von der Bürgerinitiative „Vermutete Bergschäden“ hält die Anbindung an die IHK für eine vertretbare Lösung. „Hauptsache ist, dass die Schiedsstelle nichts mit Vattenfall oder dem Ministerium zu tun hat“, sagte Wodtke am Montag den PNN. Allerdings fordern die Bürgerinitiative und Schenkendöberns Bürgermeister Jeschke in ihrem Brief auch, dass die Betroffenen an der Umsetzung der Anlaufstelle beteiligt werden müssten. „Es hat noch keinen Sinn, das Konzept in aller Öffentlichkeit vorzustellen. Jetzt muss es erst mal in Ruhe durchgesprochen werden. Dann wird darüber entschieden“, sagte Ministeriumssprecher Streu.

Die bergbaupolitische Sprecherin der Grünenfraktion, Sabine Niels, wirft Ralf Christoffers deshalb Gutsherrenmentalität vor. Kritisch sieht Niels auch, dass der Wirtschaftsminister den Vorsitzenden der Schiedsstelle selbst vorschlagen will. „Um keinen Anlass für den Vorwurf der Parteilichkeit zu bieten, sollten die Betroffenen den Vorsitzenden selbst benennen“, sagte Niels.Matthias Matern

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
console.debug({ userId: "", verifiedBot: "false", botCategory: "" })