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AfD-Spitzenkandidat Andreas Kalbitz (rechts) und Johanna Liebe, Schülerin am Evangelischen Gymnasium Neuruppin.

© Christoph Soeder/dpa

Kalbitz-Debattengewinnerin im Interview: "Beleidigungen sind nicht in Ordnung"

Sie schlug AfD-Chef Andreas Kalbitz mit Argumenten: Die 15-jährige Schülerin Johanna Liebe über Lampenfieber, Debattierkunst im Alltag und Zivilcourage.

Johanna, wie war deine Reaktion, als du erfahren hast, dass du gegen Andreas Kalbitz antrittst?

Ich war überrascht und hatte Respekt. Ängstlich ist vielleicht zu viel gesagt, aber ich war unsicher, weil ich nicht wusste, wie er auftreten würde.

Wie habt ihr die Themen untereinander verteilt?

Die ehemaligen Landessieger wurden gefragt, ob sie Lust haben, mitzumachen. Kurz vor dem Wettbewerb mussten wir dann angeben, welche Fragen wir vorzugsweise debattieren wollen, danach bekamen wir dann Bescheid, welcher Politiker dahinterstand. Eigentlich interessiert mich ja jedes Thema, aber bei der Frage nach den Vögeln, die durch Windräder sterben, fand ich die Fragestellung interessant. Im Gegensatz zu der Braunkohledebatte hatte ich die Fragestellung noch nie so gelesen.

Johanna Liebe, 15, geht auf das Evangelische Gymnasium Neuruppin.
Johanna Liebe, 15, geht auf das Evangelische Gymnasium Neuruppin.

© Christoph Soeder/dpa

Wie bewertest du Herrn Kalbitz‘ Argumente?

Er hat ja sehr, sehr wenig zum Thema gesagt. Dass Windräder im Wald nicht toll sind und dass es nicht schön ist, wenn Tiere dadurch sterben, ist klar. Aber seine Antworten gingen eigentlich am Thema vorbei. Bei „Jugend debattiert“ bekommen wir ganz klare Regeln, was Dauer und Aufbau angeht, die haben die Politiker nicht gekannt. Dass er überzogen hat, ist deswegen nicht so schlimm. Aber ich hätte zumindest erwartet, dass er sich von Beleidigungen fernhält.

Was ging denn in dir vor, als er so ausfallend gegen Greta Thunberg wurde?

Im normalen Wettbewerb hätte ich darauf gar nicht reagiert und dort wäre so etwas auch gar nicht vorgekommen. Denn dort spiegelt es sich ja in der Punktvergabe wider, wenn jemand aus dem Rahmen tritt, deswegen wäre ich gar nicht darauf eingegangen. Aber im Fall von Herrn Kalbitz hielt ich es für moralisch angebracht, auf seine Beleidigungen einzugehen. Auch wenn er nicht für das steht, was Greta vertritt, ist es einfach nicht in Ordnung, sie so zu beleidigen. Deswegen dachte ich nach dem ersten Schock: Da muss ich was sagen.

Wie trainierst du denn das Debattieren in deinem Alltag?

Ich bin da sehr zufällig reingerutscht. In meiner Schule gehört es zum Rahmenplan, dass wir in der achten Klasse Debattieren üben. Weil sich niemand für den Schulwettbewerb interessiert hat, hat unser Lehrer mich einfach ernannt. Anfangs musste man mich wirklich vor jeder Debatte neu motivieren, weil es mir wirklich nicht gefallen hat. Nachdem ich aber den Bundewettbewerb gewonnen habe, wurde ich automatisch Mitglied im Verein der ehemaligen Sieger. Da treffen wir uns mehrmals im Jahr und halten auch Workshops.

Musstest du denn für das Finale des Bundwettbewerbs 2018 noch motiviert werden?

Nein, da waren so viele interessante Leute aus den verschiedenen Bundesländern, da habe ich mich einfach darauf gefreut, mich mit ihnen zu unterhalten. Deswegen wollte ich auch gar nicht ins Finale am Samstag, weil ich mir einfach einen netten Freitagabend machen wollte. Als ich dann doch im Finale war, habe ich erst gedacht: Oh nein, nicht schon wieder. Aber dann war es doch ganz gut, obwohl ich ängstlich war.

War das bei der Debatte mit Herrn Kalbitz auch so?

Nein, denn mittlerweile bin ich es ja gewohnt. Außerdem wurde ich dieses Mal nicht mit Punkten bewertet. Ich hatte mehr Bammel davor, dass es keine reguläre Debatte war, dass ich nicht wusste, wie Herr Kalbitz auftreten würde.

Helfen dir deine Debattierfähigkeiten im Alltag?

Ich merke das gar nicht mehr, aber doch, sie helfen mir. Durch die Seminare sind mir die Debattierregeln in Fleisch und Blut übergegangen. Ich bewerte Vorschläge und Lösungen ganz anders, wäge das für und wider viel genauer ab. Normalerweise sagt man ja pauschal ja oder nein, aber durch das Debattieren bekommt man ein viel differenzierteres Bild. 

Das Interview führte Nantke Garrelts

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