Korruptionsaffäre am BER: BER: Neue Ermittlungen gegen Großmann
Nicht nur nicht fertig - sondern auch bestechlich: Die Korruptionsaffäre am BER weitet sich aus. Jetzt wird gegen den geschassten Technikchef Großmann nicht mehr nur wegen Bestechlichkeit, sondern auch wegen Wettbewerbsverzerrung ermittelt. Bieter sollen unter seiner Beteiligung Kalkulationen abgesprochen haben.
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Potsdam - Die Korruptionsaffäre am künftigen Hauptstadt-Flughafen in Schönefeld weitet sich aus. Die Staatsanwaltschaft Neuruppin hat jetzt gegen den früheren BER-Technikchef und Dresdner Unternehmer Jochen Großmann ein zweites Ermittlungsverfahren eingeleitet. Das bestätigte Oberstaatsanwalt Jürgen Schiermeyer am Montag den PNNl. Es gehe „um den Verdacht wettbewerbsbeschränkender Absprachen im Zusammenhang mit Planungsaufträgen für die Entrauchungsanlage im Terminal“, Bieter sollen unter seiner Beteiligung Kalkulationen für Millionenaufträge abgesprochen haben.
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Möglich war das nur, weil Aufträge lax vergeben werden konnten. Wie berichtet, drohen deshalb inzwischen Rückforderungen von der EU-Kommission in Brüssel über 30 Millionen Euro, weil der Europäische Rechnungshof „systematische“ Vergabeverstöße am BER feststellte. Eine von Mehdorn eingesetzte Taskforce prüft derzeit alle Flughafen-Aufträge, mit denen Großmann zu tun hatte.
Gegen Großmann, der inzwischen von Flughafenchef Hartmut Mehdorn fristlos gefeuert wurde, wird bereits wegen des Verdachts der „Bestechlichkeit im geschäftlichen Verkehr“ ermittelt. Er soll versucht haben, von einem für den BER tätigen holländischen Planungsunternehmen rund 350 000 Euro abzuzweigen. Um diese Summe sollte die Firma das Gebot für den BER-Millionenauftrag erhöhen und den Aufpreis dann über einen Vertrag an die Großmann-Firma GICON abführen. Dieser Verdacht hatte sich nach Angaben der Behörde bei den Durchsuchungen von Privat- und Firmenräumen Großmanns erhärtet. Dem Vernehmen nach sollen belastende Emails gefunden worden sein.
Der frühere Technikchef hatte seit 2013 das Inbetriebnahmeprogramm „Sprint“ verantwortet und das technische Konzept entwickelt, um die außer Kontrolle geratene, nicht funktionsfähige Entrauchungsanlage im BER-Terminal in Gang zu bringen. Das „Monster“, wie es intern heißt, wird dabei in drei beherrschbare Einzelanlagen zerlegt. Trotz der Korruptionsvorwürfe gibt es bislang an der Qualität von Großmanns Rettung-Konzept für die Entrauchungsanlage aber bislang keine Zweifel.
Am Montag waren die Korruptions-Affäre und die Flughafenfinanzen - Mehdorn verlangt von Berlin, Brandenburg und dem Bund 1,1 Milliarden Euro für die Fertigstellung des dann 5,8 Milliarden Euro teuren BER - Thema im BER-Sonderausschuss des brandenburgischen Landtages. Wie berichtet, kann nach einem neuen Gutachten des Chemnitzer Finanzexperten Friedrich Thießen der BER trotz der Hypothek nach dem Start ohne neues Staatsgeld auskommen. Zwar erwarzez der BER laut Thießen einen Verlust von jährlich 195 Millionen Euro in den Büchern, aber er kann seine Betriebskosten aus eigenen Einnahmen decken, hat in der Kasse pro Jahr rund 40 Millionen Euro für Investitionen. Diese Einschätzung teilt auch Brandenburgs Landesregierung. „Ich gehe nicht davon aus, dass der Flughafen auf Dauer ein Zuschussbetrieb bleibt“, sagte Flughafenkoordinator Rainer Bretschneider den PNN.
Gleichwohl ist die Stimmung am Flughafen angesichts der Affären-Schlagzeilen, Pleiten und Rückschläge schlecht. Indiz dafür ist eine anonyme Mail, in der Mehdorn, der berühmt-berichtigt für seinen rabiaten Führungsstil ist, desaströse Personalpolitik und Stillstand auf der Baustelle vorgeworfen wird. Brisanter ist, dass die Email offenbar an alle Mitarbeiter der Flughafengesellschaft verschickt wurde.
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