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Brandenburg: BER-Sprecher: Milliarden wurden versenkt
Daniel Abbou, der neue Kommunikationschef, bereitet schon mal die Absage des BER-Starts 2017 vor. Er verspricht Offenheit zu den Problemen und erklärt, wo sein Chef Karsten Mühlenfeld patzte
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Berlin - Er ist der Erste. Was er ausspricht, hat bisher kein Verantwortlicher des unvollendeten Flughafens eingestanden. „Die Berliner und Brandenburger haben ein Recht zu sehen, wo ihre Milliarden versenkt worden sind“, sagt Daniel Abbou, 45 Jahre alt und seit Anfang 2016 Sprecher der Flughafengesellschaft (FBB) Berlins, Brandenburgs und des Bundes, die sich seit zehn Jahren vergeblich am neuen Airport versucht. Diese Formulierung und noch einige ähnliche finden sich in einem ausführlichen Interview, das Abbou dem „prmagazin“ (April-Ausgabe) gegeben hat, einem Fachblatt der Kommunikationsbranche. Abbou verspricht darin vor allem Offenheit, um Vertrauen, Glaubwürdigkeit wiederzugewinnen. „Früher wurde meist gesagt: Nein, es ist alles gut. Das ist Bullshit. Bekenne Dich dazu, wenn etwas scheiße gelaufen ist.“ Noch nie ist jemand am BER so deutlich geworden. Man könne eben nicht alles herumreißen, sagt Abbou. „Dazu hat die alte Flughafencrew zu viel verbockt, dafür sind zu viele Milliarden in den Sand gesetzt worden.“ Und: „Es kommt eh alles raus.“
Abbou will offen sein. Wie er das praktiziert, verursacht vor der Sitzung des Aufsichtsrates am 22. April dem Vernehmen nach intern gehörige Aufregung. Abbou beschönigt nichts, etwa zum BER-Start 2017, wo fast alles auf eine neue Verschiebung hinausläuft: „Ich verspreche Ihnen: Wenn ich’s weiß, wisst ihr’s auch. Mein Technikchef hält weiter daran fest, dass es eine Chance gibt, 2017 einzuhalten. Und wenn er das glaubt und mir das auch kommuniziert, dann ist es so.“ Oder: „Glauben Sie mir, kein Politiker, kein Flughafendirektor und kein Mensch, der nicht medikamentenabhängig ist, gibt Ihnen feste Garantien für diesen Flughafen.“
Man könne nur sagen: „Wir arbeiten hart. Wir strengen uns an, aber garantieren wird Ihnen da keiner etwas.“ Genau das aber muss die Flughafengesellschaft in diesen Wochen, um Banken, Bürgen und die EU-Kommission in Brüssel von der Freigabe weiterer 2,2 Milliarden Euro zu überzeugen. Das ist längst eine heikle Operation. Das grüne Licht aus Brüssel wird nicht vor Mai erwartet. Im Antrag bei der EU hat sich Deutschland auf einen BER–Start im Jahr 2017 festgelegt.
Im gleichen Stil geht Abbou mit Kommunikationspatzern des BER-Managers Karsten Mühlenfeld um. Mit Aussagen, wie sie ein Chef von seinem Sprecher wohl selten liest. Als Mühlenfeld etwa per Brief eine Veröffentlichung des Brandenburger BER-Rechnungshofberichts verhindern wollte, „habe ich sehr mit der Stirn gerunzelt“, so Abbou. Als Mühlenfeld den Rechnungshof noch um Darlegung bat, wie der Bericht zu den PNN gelangen konnte, sei der Punkt gekommen, „an dem ich meinen Kopf auf die Tischplatte geschlagen habe“, heißt es später. „Und ganz nebenbei, mit dem Regierungsflughafen war es ähnlich.“ Mühlenfeld sei „Ingenieur, und Ingenieure pflegen eine andere Sprache als Journalisten und Politiker.“ Es sei seine Aufgabe, da Dolmetscher zu sein. Es folgt Lob: „Herr Mühlenfeld ist da absolut lern- und kritikfähig, das ist ein großer Vorteil.“ Abbou versichert, dass der Flughafen mit dem Abschlussbericht des Berliner BER-Untersuchungsausschusses anders umgehen wird. „Ich habe kein Interesse daran, unterm Deckel zu halten, was Platzeck, Wowereit, Schwarz und Mehdorn verbockt haben.“
Der BER sei nun einmal der „politischste Flughafen in Deutschland“, lautet sein Befund. Daher brauche der Flughafen „unbedingt ein politisches Screening“. Diese „politische Denke fehlt dem Flughafen, da muss man ganz schnell lernen“. Die hat Abbou, der sich schon mal als „Adrenalin-Junkie“ bezeichnet, verinnerlicht. Er hat den Ruf, in Berlin, vor allem in der SPD, bestens vernetzt zu sein. Er war Sprecher der Senatoren Gisela von der Aue (SPD) und Ulrich Nußbaum (parteilos). Zum Flughafen kam er auf Vorschlag der Senatskanzlei des Regierenden und Aufsichtsratschefs Michael Müller. Als „Aufpasser“, wie es hieß, damit der BER Müller nicht die Berlin-Wahl vermasselt. Umso aufmerksamer werden alle Passagen zur drohenden Verschiebung des BER-Starts gelesen. In Brandenburg, aber auch beim Bund, gibt es die Sorge, dass Berlin im April den 2017-Termin canceln lässt, obwohl es keinen akuten Entscheidungsdruck gibt. „Im Augenblick sehen wir noch eine Chance für eine Eröffnung in 2017, aber selbst wenn wir 2017 nicht schaffen sollten, wäre die Eröffnung relativ zeitnah“, sagt Abbou. „Ich denke, dass die Menschen in Berlin und Brandenburg einen Flughafen wollen, der funktioniert und nicht mit großen Pannen startet.“
nbsp;Thorsten Metzner
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