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Brandenburg: Berlin macht königsblau

Die Stadt feierte den Besuch von William und Kate Das Paar zeigte sich very amused

Stand:

Wer zu früh kommt, den be... Aber das stimmt ja gar nicht, denn der neunjährige Evin, der schon Stunden vor dem Besuch von William und Kate vor dem Kinder- und Jugendhaus „Bolle“ in der Hohensaatener Straße 20/20a in Marzahn ausharrt, ist keineswegs ein besonders junger Fan. In der Grundschule am Bürgerpark hat er in der dritten Stunde sein Zeugnis bekommen, futtert nun Chips aus der Tüte und wartet – leider nicht freiwillig. „Ich muss hierhin“, erklärt er. „Schlüssel vergessen.“

Nun, offensichtlich eine Ausnahme. Denn die Spannung in dem vom Verein Straßenkinder betriebenen Haus stieg da schon von Minute zu Minute. Da konnte es sogar passieren, dass selbst beim Fußballspiel – eine prima Methode, sich das Warten zu verkürzen – einer der bolzenden Jungen selbst im dicksten Gewühl nicht sein britisches Fähnchen aus der Hand legte.

Kurz vor vier ist es so weit: William und Kate treten auf die Spielwiese. Der kleine Kicker flitzt mit dem Fähnchen zu der großen Kindertraube, die sich um das Paar gebildet hat, doch zu spät. Es ist kein Durchkommen. Kurz rennt er zurück, dann wieder hin, kickt schließlich weiter. Royals hin, Royals her – man muss Prioritäten setzen.

Andere Kinder, eher Jugendliche, hatten da schon eine kurze Weile artig mit dem Traumpaar in einem Raum gesessen und über ihr Leben in Marzahn gesprochen, das ist nicht immer einfach. Auch zwei junge Frauen, vom Verein als Kinder von der Straße geholt, sind gekommen, reden mit William, der sich – so schildert es Vereinsleiter Eckhard Baumann hinterher – ernsthaft für ihr Schicksal zu interessieren scheint. Dann geht es auf die Spielwiese, fürs Gruppenbild mit den Royals, die noch eine Stippvisite bei der Robert-Enke-Stiftung eingeschoben haben. Und sogar für ein paar prinzliche Billard-Stöße hat die Zeit noch gereicht. Ein Mädchen reicht Kate draußen einen Blumenstrauß, und nun fallen ihr die Kinder reihenweise um den Hals. „Ameisenscheiße“, ruft Vereinsleiter Eckhard Baumann, damit alle auf dem Foto zu lächeln scheinen. Es geht hier eben nicht hochherrschaftlich zu.

Das Herzogenpaar hatte da schon ein erhebliches Pensum absolviert. Gegen Mittag war die Maschine in Tegel gelandet, der kleine Prinz George rieb sich, als er in die Berliner Luft, Luft, Luft trat, erst mal die Augen. Anstrengend, solch eine Städtetour.

Am Brandenburger Tor, noch die einfachste Stelle, William und Kate zu Gesicht zu bekommen, sammelten sich da schon die Fans und die üblichen Schaulustigen, die aber noch warten mussten. Denn für den Herzog und die Herzogin von Cambridge ging es nun erstmal ins Kanzleramt zum Mittagessen mit Angela Merkel – ein Dreiklang in Blau, wenigstens optisch: Der Blazer der Kanzlerin in hellem Türkis, der Anzug des Prinzen in Nachtblau, das Kleid der Herzogin in einem hellen Blau – jedenfalls wurde es von Christin aus Potsdam als solches identifiziert. Die wartete da als Abgesandte einer Community, die sich ständig über William und Kate austauscht, schon am Brandenburger Tor. Die 34-Jährige wusste en detail, was die Herzogin trägt: „Ihr blaues Mantelkleid von Catherine Walker symbolisiert die deutsche Kornblume. Ergänzt wird es durch beige Pumps von Gian Vito Rossi und hellblauen Schmuck von Kiki Mc Donough.“ Sie muss es ja wissen: Regelmäßig schaut sie im Internet „What Kate wore“.

Anfangs hielt sich der Andrang an den Absperrgittern noch in Grenzen, doch das änderte sich rasch. Erstaunlich viele junge Leute waren gekommen. Eine 28-jährige hatte einen Blumenstrauß mitgebracht. Wer weiß, vielleicht würde sich ja die Chance ergeben, ihn zu überreichen. Seit Prinzessin Dianas Tod ist sie Fan, „erst von William, später auch von Kate“. Auch die 30-jährige Rosanna hatte Blumen mitgebracht. Sie interessiert sich, wie ihre ganze Familie, für das Thema Protokoll und Staatsbesuche. „Live kriegt man da natürlich mehr mit als im Fernsehen.“ Und auch das ist ein Grund fürs Royal Watching: „Ich wollte mal sehen, wie groß die eigentlich sind.“

Irgendwann flackert Blaulicht durch das Tor auf den Pariser Platz. Auf der anderen Seite wartet der Regierende Bürgermeister Michael Müller mit seiner Tochter. Spaziergang mit dem Prinzen, das ist mal eine schöne Zeugnisbelohnung. Die Herzogin wirkt, wie es sich in ihrem Job gehört, wie ein Feenwesen – schlank, schön, strahlend, doch vielleicht etwas gemessener, als man sich Feen vorstellt. In der Platzmitte trennen sie sich, sie schüttelt rechts Hände, er links.

Jenna interessiert sich schon immer für Royals: „Das hat abgefärbt von meiner Mutter und meiner Tante.“ Leider hat sie Kates Hand knapp verpasst. „Um zwei Meter!“

Derweil liefen die Vorbereitungen zur Gartenparty zu Ehren des Paars. Etwa 600 Gäste erwartete der britische Botschafter Sir Sebastian Wood am Abend in seiner Residenz in Grunewald. Protokollarische Regeln erleichtern den Ablauf für ungeübte Republikaner. Prinz und Herzogin werden herumgeführt, die Gäste sind gebeten, sich dem Paar nicht selbst vorzustellen. Wenn jemand vorgestellt wird, lautet die erste Anrede „Your Royal Highness“. Weiter geht es mit „Ma’am“ bei Kate und mit „Sir“ bei William. Orden, falls vorhanden, durften aber getragen werden. Von Pumps war abzuraten. Der arme Rasen!

Elisabeth Binder/Ingo Salmen

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