Brandenburg: Berlin: Spuren ohne Sucher
Tausende unbearbeitete DNA-Proben bei Polizei
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Berlin - Das mag sich kein Mieter oder Wohnungseigentümer gern vorstellen: Man kommt nachts nach Hause, die Tür wurde aufgehebelt. Der Flachbildschirm ist weg, das Bargeld und der Hochzeitsschmuck sind auch verschwunden. Von den Tätern gibt es keine Spur – jedenfalls keine sichtbare. Anruf bei der Polizei. Die Spurensicherung kommt, sammelt Proben, gibt sie ins Labor. Dann passiert erst einmal lange nichts. In Berlin liegen derzeit Tausende unbearbeitete DNA-Proben beim Landeskriminalamt (LKA). Laut Polizeigewerkschaft handelt es sich schätzungsweise um etwa 8000 solcher Vorgänge. Die Innenverwaltung hob die Zahl sogar noch an und sprach von 11 000 unbearbeiteten DNA-Spuren. Doch es fehlt das Personal, die angehäuften genetischen Hinweise zu bearbeiten.
Besonders ärgerlich ist das für Opfer von Wohnungseinbrüchen – und das sind so viele wie nie zuvor: 2012 wurden in Berlin laut Kriminalitätsstatistik rund 12 000 Einbrüche in Wohnungen und Eigenheime verübt – knapp zwölf Prozent mehr als im Jahr zuvor. Die Täter werden nur selten gefasst. So wurden 2012 nur 796 Fälle aufgeklärt, das entspricht einer Quote von 6,5 Prozent (im Jahr zuvor waren es noch 8,1 Prozent). Innensenator Frank Henkel (CDU) wurde dafür politisch hart kritisiert. Denn gerade beim Wohnungeinbruch kann die DNA-Analyse hilfreich sein. Dabei werden genetische Spuren, die an Tatorten gesammelt wurden, mit dem genetischen Fingerabdruck von Kriminellen verglichen. Stimmen die Daten überein, ist der Täter überführt.
Doch nicht nur zur Sicherung, sondern auch für die Auswertung der Spuren braucht es Zeit – und Fachleute. Die sitzen im Kompetenzzentrum Kriminaltechnik des Landeskriminalamtes (LKA KT), Fachgruppe DNA-Analytik. „Die kommen überhaupt nicht mehr hinterher", sagt der Sprecher des Bundes deutscher Kriminalbeamter (BDK), Michael Böhl. Es sei nicht einmal genügend Personal für die Aufbereitung der eingehenden Spuren da. Da können die Rückstände schon gar nicht abgebaut werden. Die Analytiker sind laut Böhl und Innenverwaltung gezwungen, Prioritäten zu setzen: Erst kommen Kapitalverbrechen wie Morde oder Sexualdelikte, dann die Fälle, bei denen ein Verdächtiger in Untersuchungshaft sitzt. Erst am Ende der Warteschlange kommen die bei Eigentumsdelikten gesammelten Spuren, darunter die Einbrüche. So kann es bis zu einem Jahr dauern, bis eine solche DNA-Spur extrahiert, isoliert, aufgeschlüsselt und abgeglichen ist. Auch der Chef der Deutschen Polizeigewerkschaft (DPolG), Bodo Pfalzgraf, spricht von einer hohen Zahl von DNA-Proben: „Wir geben sie an externe Labore, um die Arbeit zu bewältigen.“ Gerade in Berlin, wo wie in Brandenburg viele reisende Einbrecher aus Südosteuropa operierten, seien die Täter schnell wieder aus Deutschland verschwunden.
Innensenator Frank Henkel teilte mit, man sei seit längerer Zeit bemüht, „den unbefriedigenden Zustand zu verbessern.“ Dafür habe er für den nächsten Haushalt einen Mehrbedarf von drei Millionen Euro angemeldet. Zudem ist die Automatisierung der DNA-Analytik ausgebaut worden. Hier nehme das Berliner LKA bundesweit eine Spitzenposition ein. Außerdem würden pro Jahr mehr als 3000 DNA-Aufträge an die Charité-Labors abgegeben. Man sei auch um eine weitere Personalaufstockung im LKA bemüht. Für die DNA-Analyse seien allerdings wissenschaftliche Angestellte zuständig.Timo Kather, Christoph Stollowsky
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