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Brandenburg: Berlin will sein Gasnetz zurückkaufen Gasag schließt

Klage nicht aus

Von
  • Sabine Beikler
  • Ulrich Zawatka-Gerlach

Stand:

Berlin - Der Gasag AG droht der Verlust des 7000 Kilometer langen Gasnetzes in Berlin. Das landeseigene Unternehmen Berlin Energie habe im Wettbewerb um die Gaskonzession „das Angebot des besten Bewerbers“ vorgelegt, informierte am Dienstag Finanzsenator Ulrich Nußbaum (parteilos, für SPD) über die Entscheidung der zuständigen Vergabestelle bei der Finanzverwaltung. Der Senat will darüber in zwei Wochen entscheiden. Einig sind sich SPD und CDU noch nicht.

Die CDU war von Nußbaums Vorlage in der Senatssitzung „überrascht“, man werde das Ergebnis „prüfen“, hieß es. Berlin Energie hat Nußbaum zufolge von 315 zu erreichenden Punkten im Kriterienkatalog 311, die Gasag 299 Punkte erreicht. Das Angebot von Berlin Energie sei bei der „Chance of control“-Klausel besser gewesen. In dieser Klausel wird dem Land bei einem Eigentümerwechsel ein Sonderkündigungsrecht gewährt. Das Angebot von Berlin Energie sei auch „preisgünstiger“. Für einen Hausanschluss rechne Berlin Energie mit 800, die Gasag mit 1000 Euro. Konkreter wurde Nußbaum nicht. „Das Verfahren ist nicht abgeschlossen.“ Den Wert des Gasnetzes taxierte Nußbaum auf rund eine Milliarde Euro. Diesen Betrag müsste das Land der Gasag zahlen, um das Netz zu übernehmen.

Die Gasag schloss nicht aus, gegen die Entscheidung zu klagen. „Wir sind überzeugt davon, dass die Gasag und ihre Netztochter NBB im Sinne der Kriterien des Energiewirtschaftsgesetzes der beste Betreiber mit dem für die Interessen von Berlin besten Angebot sind“, sagte Konzernsprecher Rainer Knauber. Man sei „an den Details der Bewertung“ interessiert und werde diese „selbstverständlich rechtlich überprüfen lassen“.

Auch die CDU-Fraktion im Abgeordnetenhaus will die Entscheidung Nußbaums „intensiv und kritisch prüfen“. Das kündigte Fraktionsgeschäftsführer Heiko Melzer an, da die Vergabe finanzielle Folgen für das Land Berlin in Milliardenhöhe auslöse. Außerdem würde der Entzug der Netzkonzession „eine wichtige unternehmerische Säule aus dem Berliner Traditionsunternehmen Gasag herausbrechen“. Die SPD-Fraktion teilte dagegen mit, dass sie das Votum des Finanzsenators respektiere. „Wir würden uns freuen, wenn das Gasnetz in die öffentliche Hand käme“, sagte ein Sprecherin. Grünen-Experte Michael Schäfer kritisierte die beabsichtigte Vergabe an Berlin Energie als „wirtschaftlich risikoreiches Unterfangen, das klimapolitisch unsinnig ist“. Der frühere Wirtschaftssenator Harald Wolf (Linke) wies darauf hin, dass die Gasag ohne Netzbetrieb „energiepolitisch wertlos“ sei. Die Vergabe an Berlin Energie sei nur sinnvoll, wenn Berlin die Gasag zurückkaufe. Die Piraten verwiesen auf die hohen Kosten einer Gasnetz-Übernahme.

Der Chef von Berlin Energie, Wolfgang Neldner, reagierte „geradezu überwältigt“ auf die Vergabeentscheidung und sicherte zu, dass Berlin Energie, vorbehaltlich der Zustimmung durch Senat und Landesparlament, „ohne Wenn und Aber“ alle Beschäftigten übernehmen werde. Es geht um rund 700 Mitarbeiter bei der Gasag-Tochter NBB.

S. Beikler, U. Zawatka-Gerlach

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