Brandenburg: Berliner Nächte sind lang
Polizisten sind beim G20-Gipfel im Einsatz und benehmen sich daneben – Hamburg wirft sie raus
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Berlin/Hamburg - Erst feierten Berliner Polizisten. Jetzt feiern Hamburgs Linksextremisten. Und Polizeipräsident Klaus Kandt hat ein großes Problem auf dem Schreibtisch, viele nennen es bereits einen Skandal: Die Hamburger Polizei hat drei Berliner Hundertschaften rausgeschmissen, die beim G20-Gipfel aushelfen sollten. Die Beamten sollen sich nach Hamburger Angaben in ihrer Unterkunft völlig danebenbenommen haben.
Das Berliner Präsidium gab sich entsetzt: „Unserem Polizeipräsidenten wurde mitgeteilt, dass unsere in Hamburg unterstützenden Hundertschaften vorzeitig aus dem Einsatz entlassen wurden“, hieß es in einer ersten dürren Mitteilung am Vormittag. Senatssprecherin Claudia Sünder sagte am Nachmittag: „Wir sind auch erschrocken.“ Auch wenn die Vorwürfe noch geprüft werden müssten: „Fest steht schon jetzt, dass sich die Berliner Polizei nicht mit Ruhm bekleckert hat.“ Dem Vernehmen nach soll Kandt ausgesprochen sauer sein.
Bekannt wurde der Rausschmiss durch einen Bericht der „B.Z.“, die private Fotos aus der Unterkunft zeigte. Auf dem Foto sind Feiernde, Polizeiautos, Bierflaschen und eine Shisha-Pfeife zu sehen. Angeblich sollen die Berliner Beamten zudem gemeinschaftlich gegen einen Zaun uriniert haben, ein Polizisten-Pärchen sei beim Sex im Freien gesehen worden. Eine Beamtin soll demnach nur in einem Bademantel mit einer Waffe in der Hand auf einem Tisch getanzt haben. Dazu gibt es zwar keine fotografischen Belege – die Vorwürfe sollen aber zutreffen, hieß es aus Polizeikreisen. Nun müsse geprüft werden, wer sich wie beteiligt habe, dann werde über disziplinarrechtliche Konsequenzen entschieden, hieß es im Präsidium.
Die Hamburger Polizei sprach offiziell von „unangemessenem Verhalten in der Unterkunft“. Hamburgs Bevollmächtigter für auswärtige Angelegenheiten, Staatsrat Wolfgang Schmidt (SPD) bestätigte den Rausschmiss am Mittag bei einer Pressekonferenz zum G20-Gipfel im Hamburger Rathaus: „Da hat es offenbar ein paar Probleme gegeben, und deshalb sind drei Hundertschaften gebeten worden, sich nicht mehr an dem Einsatz zu beteiligen.“ Und weiter: „Wir legen Wert auf gutes Benehmen. Das gilt für alle Beteiligten.“
Innensenator Andreas Geisel (SPD) sagte: „Polizeibeamte haben eine Vorbildfunktion – das gilt in Berlin genauso wie in anderen Städten. Falls sich die Vorwürfe des Fehlverhaltens bestätigen, muss das in der Polizei ordentlich geklärt werden.“ Die Hamburger linke Szene goss Spott über den Beamten aus. „Tschüss! Nach pinkeln, Sex & Saufgelage: @PolizeiHamburg schickt Hundertschaft aus Berlin vorzeitig nach hause“, lautete ein Tweet einer linksextremistischen Gruppe. Oder: „Wer sichert jetzt die Demo am 5. Juli?“
Eingesetzt waren die drei Berliner Hundertschaften noch nicht, sie waren seit Sonntag in Bad Segeberg in Schleswig Holstein in einem bislang als Flüchtlingsunterkunft genutzten Containerdorf untergebracht. Die Kleinstadt liegt etwa 20 Kilometer von der Hamburger Stadtgrenze entfernt. Die Vorgesetzten waren nicht auf dem Gelände untergebracht. Einem Bericht des „Spiegel“ zufolge hätten sich Polizisten aus Nordrhein-Westfalen über den Krach aus der Berliner Unterkunft beschwert.
Der G20-Gipfel in Hamburg findet am 7. und 8. Juli statt. Es wird mit 15 000 Polizisten der mit Abstand größte Polizeieinsatz, den es bislang in Deutschland gegeben hat. Jörn Hasselmann
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