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Von Ulrich Zawatka-Gerlach: Berliner Senat macht Geheimverträge öffentlich Details der Privatisierung der Wasserbetriebe im Internet abrufbar / Volksbegehren findet trotzdem statt

Berlin - Der Senat und die privaten Mitgesellschafter RWE und Veolia haben das gesamte Vertragswerk zur Teilprivatisierung der Berliner Wasserbetriebe (BWB) offengelegt. Die Texte können im Internet gelesen und heruntergeladen werden.

Von Ulrich Zawatka-Gerlach

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Berlin - Der Senat und die privaten Mitgesellschafter RWE und Veolia haben das gesamte Vertragswerk zur Teilprivatisierung der Berliner Wasserbetriebe (BWB) offengelegt. Die Texte können im Internet gelesen und heruntergeladen werden. Nach einem abschließenden Treffen am Mittwoch beim Regierenden Bürgermeister Klaus Wowereit (SPD) einigten sich beide Seiten auf diesen überraschenden Schritt. Wowereit erinnerte daran, dass die Koalition mit der Reform des Informationsfreiheitsgesetzes im Sommer 2010 dafür die rechtlichen Grundlagen geschaffen habe. „Weder der Senat noch die Unternehmen haben etwas zu verheimlichen.“ Der Volksentscheid zur Offenlegung der Verträge wird trotzdem stattfinden. Aus rechtlichen Gründen ist das Verfahren nicht mehr zu stoppen. Denn das Gesamtergebnis des erfolgreichen Volksbegehrens wurde am Dienstag vom Landeswahlamt amtlich bekanntgegeben. Jetzt muss binnen vier Monaten ein Volksentscheid stattfinden. Es sei denn, das Abgeordnetenhaus übernimmt den Gesetzentwurf des Berliner Wassertischs „in seinem wesentlichen Bestand unverändert“. Aus juristischen Gründen sehen sich SPD und Linke dazu nicht in der Lage. Nach Einschätzung der Koalition sind Teile des Gesetzentwurfs verfassungswidrig.

Trotzdem besteht die Bürgerinitiative darauf, ihren Gesetzentwurf zur Abstimmung zu stellen, sagte ihr Sprecher Thomas Rudek. Er forderte Rot-Rot erneut auf, die Forderungen aus dem Bürgerbegehren vollständig zu übernehmen. „Anschließend könnten die Investoren RWE und Veolia dagegen klagen.“ Wowereit hält davon nichts. Die materiellen Forderungen des Volksbegehrens seien nun erfüllt, sagte er. Der Senat werde zügig eine Stellungnahme beschließen. Die privaten Investoren RWE und Veolia, die 49,9 Prozent an den Wasserbetrieben halten, hoffen nun auf eine Versachlichung der Diskussion über das Berliner Wasser und die Tarife. „Alle Interessierten können sich einen Überblick über das vollständige Material verschaffen“, erklärte Christoph Hilz, Chef der RWE Aqua GmbH. „Jetzt enden die Spekulationen darüber, was in den Vereinbarungen steht“, sagte Michel Cunnac, Chef der Veolia Wasser. Beide Gesellschafter taten sich mit der Offenlegung schwer. Denn diese Vereinbarung mit dem Senat schafft einen Präzedenzfall mit bundesweiter Wirkung für private Unternehmen, die mit öffentlichen Trägern zusammenarbeiten.

Als die Wasserbetriebe 1999 mit Zustimmung einer CDU/SPD-Koalition teilprivatisiert wurden, vereinbarten der Senat und die Investoren strikte Vertraulichkeit. Damit ist es vorbei. An den hohen Wasserpreisen in Berlin ändert die Offenlegung der Verträge aber nichts. Wowereit und der Wirtschaftssenator Harald Wolf (Linke) kündigten am Mittwoch an, mit RWE und Veolia über eine Korrektur der Verträge zu verhandeln.

In der Berliner Politik wird die Offenlegung der Verträge einhellig begrüßt. SPD-Chef Michael Müller beglückwünschte Wowereit zu einem großen Verhandlungserfolg: „Die Offenlegung war ein wichtiges politisches Anliegen der SPD.“ Der Landesvorsitzende der Linken, Klaus Lederer, findet es „bedauerlich“, dass RWE und Veolia erst durch ein Volksbegehren dazu gebracht werden konnten, die Verträge zu veröffentlichen. Für die Grünen begrüßten Fraktionschef Volker Ratzmann und die Abgeordnete und Aktivistin des Wassertischs, Heidi Kosche, die Veröffentlichung der Verträge als „Riesenerfolg“. Damit habe auch die „Heimlichtuerei“ des Wirtschaftssenators ein Ende. CDU-Chef Frank Henkel sieht Wolf „nach wie vor in der Pflicht, endlich für verbraucherfreundliche Wasserpreise zu sorgen“. FDP-Landes- und Fraktionschef Christoph Meyer sagte, die bislang bekannt gewordenen Vertragsdetails bewiesen die „Privatisierungsinkompetenz“ der beteiligten Politiker von CDU, SPD und Linkspartei. Sie zeigten überdies, dass eine „gezielte Täuschung des Parlaments und der Öffentlichkeit stattgefunden“ habe.

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