Brandenburg: Berlins Immobilienmakler stoßen auf ein Rekordjahr an
Investoren reißen sich um Häuser und Grundstücke und kauften 2006 für über zehn Milliarden Euro ein – mehr als doppelt so viel wie im Jahr zuvor
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Berlin - Das Quartier 207 in der Friedrichstraße, Domizil der Galeries Lafayette, ist verkauft. Die Gloria-Passagen am Kurfürstendamm, gegenüber von der Gedächtniskirche, haben ebenfalls den Besitzer gewechselt. Das sind nur zwei der spektakulärsten Geschäfte auf dem Berliner Immobilienmarkt, der in diesem Jahr alle Rekorde bricht. Investoren reißen sich um Häuser und Grundstücke in der Stadt wie nie zuvor in der Nachkriegszeit. Dies bestätigen der Gutachterausschuss für Grundstückswerte sowie die umsatzstärksten Makler- und Auktionshäuser dieser Zeitung. Den Experten zufolge ist der gegenwärtige Boom allenfalls mit der Goldgräberstimmung vergleichbar, die nach dem Hauptstadtbeschluss zugunsten Berlins einsetzte. So wie damals geben vor allem internationale Kapitalanleger enorme Summen für Berliner Wohnhäuser und gewerbliche Büroimmobilien aus.
Wegen der großen Nachfrage wuchs der Geldumsatz sprunghaft: Über zehn Milliarden Euro trugen die Käufer von Januar bis Anfang dieses Monats in die Stadt. Das ermittelte der Gutachterausschuss auf Grundlage notariell beurkundeter Kaufverträge. Das ist fast drei Mal so viel wie Investoren im Vorjahreszeitraum für Berliner Häuser und Grundstücke ausgaben. Und seit Kriegsende legten Investoren nur ein Mal ähnlich viel Geld in Berliner Gewerbeimmobilien an: Vor zehn Jahren waren es 10,8 Milliarden Euro. Doch auch dieser Rekord dürfte dem Geschäftsstellenleiter des Gutachterausschusses zufolge, Thomas Sandner, bis Ende des Monats fallen. Die Senatorin für Stadtentwicklung Ingeborg Junge-Reyer (SPD) spricht von einer „positiven Botschaft für Berlin“. Sie rechne auch im kommenden Jahr mit einem „nachhaltigen Interesse internationaler Investoren“.
Von der großen Nachfrage profitiert auch der Liegenschaftsfonds des Landes, der in diesem Jahr Grundstücke und Häuser für mehr als 170 Millionen Euro verkauft. Der Immobilien-Investor DIC Asset hat ein 147 Millionen Euro schweres Immobilienpaket der Landesbank übernommen hat. Begehrt waren wie 2005 Miethäuser, erstmals aber auch in starkem Maße Gewerbeimmobilien. Dabei galten diese Objekte in Berlin lange als unrentabel und riskant. Der Grund: Es gab zu wenige Nutzer für die vielen leer stehenden Bürohäuser und deshalb konnten die Mieten fast nach Belieben gedrückt werden. Doch die schlechten Zeiten sind vorbei, weil die Wirtschaft wächst und die Nachfrage nach Büroflächen steigt. Davon sind viele Anleger überzeugt. „Berlin schreibt dieses Jahr einen Allzeit-Rekord“, sagt Sven Stricker, Berlin- Chef des Maklerhauses Atisreal. Gewerbeimmobilien im Wert von 3,8 Milliarden Euro würden verkauft. Das sei doppelt so viel wie 2005 und mehr als jemals zuvor in diesem Teil des Immobilienmarktes umgesetzt wurde. „Es gibt eine deutlich gestiegene Nachfrage ausländischer Investoren, hauptsächlich aus den USA, Großbritannien und Irland, Frankreich und Spanien“, so Stricker. Zu den Investoren zählen auch die Fonds des Investmentbankers George Soros. Er ist dafür bekannt, frühzeitig mit großem Risiko in seiner Meinung nach unterbewertete Märkte einzusteigen – und er verdiente auf diese Weise ein Vermögen. Auf den Spuren der „Heuschrecken“, wie Finanzinvestoren in SPD-Kreisen genannt werden, wandeln nun auch private Anleger. Deshalb melden die Deutschen Grundstücksauktionen den höchsten Umsatz seit ihrer Gründung im Jahr 1984. Versteigert werden dort vorrangig typische Miethäuser. „Die Preise sind wegen der großen Nachfrage brutal gestiegen“, sagt der Vorstand der Aktiengesellschaft Hans Peter Plettner. Neun von zehn Immobilien würden von ausländischen Käufern ersteigert. Diese kämen aus Großbritannien und skandinavischen Ländern, aus Holland und der Schweiz, aus Italien und Österreich. Sogar russische und polnische Anleger sind auf Schnäppchenjagd. Sie suchen Miethäuser im „niedrigen Preissegment“, so Plettner.
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