Brandenburg: Bittere Vergangenheit, unsichere Zukunft In Ludwigsfelde setzt Daimler nach dem Vario-Aus nur auf den Spinter. Die IG Metall ist skeptisch
Ludwigsfelde – Es war einer dieser Wohlfühltermine, wie sie Brandenburgs Ministerpräsident Dietmar Woidke (SPD) und seinem angeschlagenen Wirtschaftsminister Ralf Christoffers (Linke) derzeit gerade recht kommen dürften. Noch im vergangenen Jahr machte das Ludwigsfelder Nutzfahrzeugewerk von Mercedes-Benz mit einem umfangreichen Stellenabbau Schlagzeilen.
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Ludwigsfelde – Es war einer dieser Wohlfühltermine, wie sie Brandenburgs Ministerpräsident Dietmar Woidke (SPD) und seinem angeschlagenen Wirtschaftsminister Ralf Christoffers (Linke) derzeit gerade recht kommen dürften. Noch im vergangenen Jahr machte das Ludwigsfelder Nutzfahrzeugewerk von Mercedes-Benz mit einem umfangreichen Stellenabbau Schlagzeilen. Weil die Produktion des Transportes Vario eingestellt wurde, mussten knapp 200 der gut 2000 Mitarbeiter ihren Arbeitsplatz räumen. Die Übriggebliebenen fragten sich dagegen, was wohl werden wird, wenn 2016 auch noch die Fertigung des VW Crafter ausläuft, den Daimler in Ludwigsfelde für Volkwagen baut. Am Donnerstag nun durfte Woidke nach einem Gespräch mit Daimler-Vorstand Wilfried Porth verkünden, dass „Ludwigsfelde für Mercedes-Benz ein wichtiger Standort“ sei und dies „für die kommenden Jahre“ auch so bleiben solle. „Darüber bin ich sehr froh“, sagte der Regierungschef strahlend.
Zuletzt hatten Woidke und Christoffers vergleichsweise wenig Grund zur Freude. Wegen umstrittener Fördermittel für eine fast schon insolvente Solarfirma und einen dubiosen US-amerikanischen Pflasterhersteller steht Wirtschaftsminister Christoffers mächtig unter Druck – und auch sein Ministerpräsident: für sein beharrliches Schweigen zu den Vorwürfen. Am Donnerstag ließen sich die beiden mal richtig den Bauch pinseln und folgten Porth auf einem Rundgang durch die Produktionsstätte, genossen dabei die Ausführungen über die Qualität des Fachpersonals und die jüngsten Investitionen in den Standort. Dabei legten Woidke und Christoffers zwischendurch ganz demonstrativ den Arm um die Taille des jeweils anderen, signalisierten damit die Geschlossenheit der rot-roten Landesregierung. Zwischendurch ließ Daimler auch noch das 555 555. Mercedes-Nutzfahrzeug vom Band laufen, das in Ludwigsfelde seit 1991 hergestellt wurde.
Seit September produziert Daimler am Standort neben dem Crafter ausschließlich den Transporter Sprinter. Alle 4,65 Minuten verlässt ein fertiges Fahrzeug nach Unternehmensangaben die Werkshallen. Glaubt man der Konzernführung, dürfte sich die Schlagzahl künftig sogar eher erhöhen – trotz des nahen Endes der Kooperation mit Volkwagen. Denn offiziell begründet Daimler das Auslaufen der Crafter-Produktion damit, dass man die Werkskapazitäten in Ludwigsfelde selbst benötige – und zwar für den Sprinter, der sich mittlerweile auch außerhalb Europas einer großen Nachfrage erfreue. „Märkte wie die USA entwickeln sich sehr gut“, bestätigt Daimler-Sprecher Sebastian Michel. Dort lerne man zunehmend die robusten Fahrzeuge für ihren vergleichsweise langen Lebenszyklus schätzen.
Ein klares Versprechen hinsichtlich des Standortes Ludwigsfelde wollte Daimler-Vorstand Porth am Donnerstag zwar nicht abgeben, verwies aber auf die Frage nach der wahrscheinlichen Auslastung des Standorts nach 2016 auf folgende Sprinter-Generationen. Dem Vernehmen nach soll in Ludwigsfelde 2018 eine neue Version vom Band laufen. Und darüber hinaus? „Wir haben genug gute Ideen“, antwortete der Vorstand beim Schaulaufen mit Ministerpräsident Woidke und Wirtschaftsminister Christoffers ausweichend.
Hermann von Schuckmann von der IG Metall ist allerdings äußerst skeptisch, ob der Sprinter alleine ausreicht, um die Mannschaft in Ludwigsfelde zu beschäftigen. „Deshalb forden wir weiterhin, dass es ernsthafte Bemühungen geben muss, ein anderes Produkt an den Standort zu holen, wenn der Crafter ausläuft.“ Sorge bereite ihm, so von Schuckmann, dass Daimler den Mitarbeitern künftig tiefer in die Tasche greifen wolle, zudem „diverse Sonderegelungen beantragt“ habe. Unter anderem sollen befristete Arbeitsverhältnisse auch über das gesetzliche Normalmaß von zwei Jahren möglich sein. „Am liebsten im Kettenverhältnis, also ein Befristeter löst den anderen ab“, berichtete der Gewerkschafter.
Bei Woidkes sogenanntem Antrittsbesuch als Ministerpräsident ging es – zumindest im offiziellen Teil – vor allem um die vielen guten Sachen, die Daimler am Standort Ludwigsfelde für seine Mitarbeiter tut. Immer wieder etwa wurden er und Wirtschaftsminister Christoffers auf ergonomische Verbesserungen an den Arbeitsplätzen hingewiesen. „Nicht das Grundstück, nicht die Investitionen hier sind das Wichtigste, hat uns Daimler versichert, sondern die Mitarbeiter am Standort“, so Woidke zufrieden – ein echter Wohlfühltermin eben.
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