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Prost. Im Ernstfall wäre fürs Trinken wohl keine Zeit.

© dpa

Feuerwehr in Tegel: Bloß nicht aufs Rollfeld

Qualm im Terminal, Feuerwehr im Funkloch, ansonsten kaum Probleme: Bei einer Übung auf dem Flughafen Tegel proben die Einsatzkräfte den Katastrophenfall

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Berlin - Irgendwo hinter den Jalousien wird gleich eine Katastrophe passieren. Ein Snackautomat im Obergeschoss des Terminals D am Flughafen Tegel gerät in Brand. Menschen werden panisch davonrennen, sofern ihnen die Flucht gelingt. Feuerwehrleute werden sich mit schwerem Gerät durch den Qualm kämpfen, während ihnen Passagiere entgegenkommen, die einfach nur raus wollen und schlimmstenfalls aufs Rollfeld laufen. Das Unglück an diesem unschuldig heiteren Sonnabend hat aber einen Vorteil: Es ist nicht echt. Der Snackautomat ist präpariert, der Qualm bloß Theaternebel, die Verletzungen geschminkt. Echt sind nur die Retter, die hier den Ernstfall proben.

„Rescue 2013 TXL“ heißt die Übung, zu der Flughäfen laut einer Vorgabe der internationalen Luftfahrtorganisation ICAO mindestens alle zwei Jahre verpflichtet sind. Welches Szenario geprobt wird, ist den Verantwortlichen überlassen. Laut Feuerwehrsprecher Jens-Peter Wilke kommt es vor allem aufs Zusammenspiel der Einsatzkräfte an: Flughafensicherheit, Feuerwehren von Flughafen und Stadt, Landes- und Bundespolizei.

Um 14.02 Uhr dringt das erste Tatütata durch den Düsenlärm auf dem Vorfeld: Von der Wache auf der anderen Seite her kommen vier Feuerwehren gerast. Das Unglück nimmt seinen vorgesehenen Lauf. Die Retter werden von einem Dutzend Verantwortlichen mit lila Warnwesten und Klemmbrettern erwartet. Und von mehreren Dutzend Passagierdarstellern, die durch den Notausgang aufs Vorfeld strömen. Drei Schwer- und zehn Leichtverletzte sind vorher vereinbart worden. Tatsächlich sind es nun plötzlich ein paar mehr, die versorgt werden wollen. Manche Komparsen haben offenbar Lust auf ein wenig Schauspielerei bekommen.

Ein blasses Rauchwölkchen hängt jetzt vor der Fassade des Terminals, das für diese Übung gesperrt wurde. Binnen Sekunden sind die Schläuche ausgerollt. „Jetzt muss geschaut werden, wer am schwersten verletzt ist“, erklärt der Feuerwehrsprecher. „Das sind nicht unbedingt die, die am lautesten schreien.“ Die als Verletzte geschminkte Frau reagiert so, wie es auch reale Katastrophenopfer manchmal tun: Sie läuft planlos herum – und prompt ins verqualmte Gebäude zurück.

Nach zehn Minuten erfährt Wilke über Funk, dass auch die städtische Feuerwehr eingetroffen ist und am Treffpunkt vor dem Flughafenzaun wartet. Das Rollfeld darf auch sie nicht auf eigene Faust befahren. Vor dem Terminal sind nun auch Bundespolizisten und Sicherheitsleute eingetroffen, die die unverletzten Passagiere betreuen. Keinesfalls darf jemand einfach aufs Rollfeld laufen. Die von der Flughafengesellschaft gecasteten Komparsen sind in dieser Beziehung leichte Fälle.

Das gilt allerdings nicht für jenen „Schwerverletzten“, den die Männer der Flughafenfeuerwehr aus dem Gebäude schleppen. Der „Bewusstlose“ dürfte deutlich mehr als 100 Kilo wiegen. Das gehört ebenso zu einer möglichst praxisnahen Übung wie die Frau, die im Rollstuhl aus dem Terminal geschoben wird.

Um 14.19 Uhr rollt die Berliner Feuerwehr an: Eine Schnur von acht signalroten Perlen mit Blaulicht, angeführt von einem schwarz-gelb karierten Follow-me-Wagen. Sie nehmen den langen Weg übers Vorfeld – und haben möglicherweise beim Warten aufs Führungsfahrzeug wertvolle Zeit verloren. Falls es so war, wird das bei der Auswertung der Übung thematisiert.

Allerdings wäre es auch im Ernstfall zumindest bei diesem Unglück nicht schlimm gewesen: Die Flughafenfeuerwehr hatte die Lage unter Kontrolle, die Kollegen der Stadtfeuerwehr halfen nur bei der Nacharbeit. Ein größeres Problem zeigt sich nur den direkt Beteiligten: Weil die Flughafenfeuerwehr formal eine private Werksfeuerwehr ist, darf sie nicht den Behördenfunk nutzen, auf dem sie die städtische Feuerwehr erreichen würde. Deshalb muss deren Einsatzleiter seinen Kollegen vom Flughafen erst suchen. Eine Gesetzeslücke, die bei einer Katastrophe wie in San Francisco vor einer Woche Menschenleben kosten kann.

Während die Komparsen gut gelaunt auf dem Heimweg sind, treffen sich die Verantwortlichen zur Auswertung. Feuerwehrsprecher Wilke benennt die Defizite – stellt aber auch klar: „Wir machen uns um den Flughafen Tegel wenig Sorgen.“ Die Feuerwehr dort sei gut aufgestellt. Christian Leininger, Sicherheitschef der Flughafengesellschaft, räumt aber ein, dass die Kommunikation wohl verbesserungsbedürftig sei. 

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