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Nicht schießen! In den Gefängnissen selbst sind Schusswaffen für die Beamten verboten. Sie dürfen nur außerhalb der Anstalten, etwa beim Transport von Gefangenen, Waffen tragen und einsetzen. Auch das soll bald ein Ende haben. 

© Peter Endig/dpa

Keine Waffen für Gefängniswärter in Brandenburg: Bloß nicht scharf schießen

Brandenburgs Justizminister Helmuth Markov will erst eine politische Debatte, um Schusswaffen für Gefängniswärter abzuschaffen. Ein Dementi klingt anders.

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Potsdam - Es ist ein Symbol für die innere Sicherheit im Land, wenn Strafvollzugsbeamte möglicherweise bald keine Schusswaffen mehr tragen dürfen. Nachdem die PNN entsprechende Überlegungen publik gemacht hatten, sah sich Brandenburgs Justizminister Helmuth Markov (Linke) am Freitag jedenfalls bemüht, öffentlich auf die Bremse zu treten. Derzeit sei die Abschaffung von Schusswaffen noch nicht geplant. Allerdings bestätigte das Ministerium, dass im neuen Berechnungsmodell für den Personalbedarf durchdekliniert wurde, wie sich der Verzicht auf Schusswaffen auswirken würde.

Nach dem neuen Strafvollzugsgesetz mit stärkerem Fokus auf Resozialisierung und Betreuung wären 1138 Beamte nötig. Unter bestimmten Bedingungen – bei denen sich ein Verzicht auf Schusswaffen besonders deutlich niederschlägt – könnten es aber auch 1082 oder 1062 sein. Wenn die fortlaufende Schusswaffenausbildung und die vorgeschriebenen regelmäßigen Schießübungen im Dienst und damit der Ausfall der Beamten für ihre eigentliche Aufgabe im Gefängnis entfallen, seien insgesamt weniger nötig. Aktuell sind es 980 Beamte, der Haushalt sieht sogar mehr vor, nämlich 1010 Stellen.

„Die vorgestellten Zahlen und Anpassungen dienten allein dazu, die Möglichkeiten des neuen Modells zu demonstrieren und stellen weder eine Empfehlung der Arbeitsgruppe dar, noch sind sie Ausdruck einer politischen Entscheidung in dieser Frage“, erklärte Markovs Sprecherin am Freitag. „Eine politische Debatte, ob ein gänzlicher Verzicht auf Schusswaffen angestrebt werden sollte, wie dies bereits in anderen Bundesländern verwirklicht oder diskutiert wird, hat im Land Brandenburg bisher noch nicht stattgefunden.“ Ohne eine solche umfassende Debatte werde es in dieser Frage keine Neuregelung geben.

Immerhin war im vergangenen Jahr erst die Schusswaffenverordnung für den Justizvollzug angepasst worden. Maschinenpistolen und Langfeuerwaffen seien abgeschafft worden. Daher gebe es keinen dringenden Handlungsbedarf.

Tatsächlich ist es selbst in der rot-roten Koalition längst kein Geheimnis mehr, dass Markov ernsthaft ein Ende der Schusswaffen für Strafvollzugsbeamte erwägt. Aus der Linksfraktion im Landtag hieß es, man werde nach der Neuberechnung des Personalbedarfs in der Koalition auf rund 1060 Stellen für Vollzugsbeamte drängen – das beinhalte dann auch eine Abschaffung der Schusswaffen. Allerdings wird bei den Linken auch vor Panikmache gewarnt.

In den Gefängnissen selbst sei nach dem 2013 beschlossenen Gesetz, das nach Ansicht der meisten Fachleute eines der modernsten und liberalsten Strafvollzugsgesetze in der Bundesrepublik ist, der Gebrauch von Schusswaffen verboten. Lediglich Polizeibeamte dürften etwa bei Revolten schießen. Ansonsten würden Strafvollzugsbeamte Waffen nur beim Transport von Gefangenen tragen. Im Gesetz ist auch geregelt, in welchem Fall sie außerhalb des Knastes schießen dürfen: um Gefangene angriffs- oder fluchtunfähig zu machen, zur Notwehr, um eine Flucht zu verhindern, um geflüchtete Gefangene wieder zu ergreifen, wenn Gefangene eine Waffe trotz Aufforderung nicht ablegen, bei einer Meuterei – und gegen Personen, die Gefangene gewaltsam befreien wollen. Doch wie für Polizeibeamte gilt: Geschossen werden darf nicht, „wenn dadurch erkennbar Unbeteiligte mit hoher Wahrscheinlichkeit gefährdet würden“. Immerhin heißt das auch: Wenn ein Gefangener bei einem Transport etwa zum Gericht gewaltsam flüchten will, hätten die Beamten keine Schusswaffe mehr zur Hand.

Auch wenn Markov zurückweist, konkrete Pläne dafür zu haben – die Signale sind eindeutig: Auch der Bund der Strafvollzugsbediensteten befürchtet ernsthaft, dass Markov in den nächsten Jahren Schusswaffen abschafft. Die Folge seien schwere Sicherheitslücken in den Gefängnissen. Angesichts der aktuellen Sicherheitslage sei dies gefährlich, der Effekt der Abschreckung gehe verloren, hieß es. Der Rechtsexperte der CDU-Landtagsfraktion Danny Eichelbaum sagte, er befürchte mehr Fluchtversuche, mehr gewalttätige Angriffe auf Strafvollzugbedienstete und mehr tätliche Auseinandersetzungen innerhalb der Anstalten.

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