Brandenburg: Boden-Affäre: Land gibt Land zurück Minister Speer verteidigt damalige Praxis
Potsdam - In der Enteignungs-Affäre steht die Rückgabe von mehr als hundert Bodenreform-Grundstücken, die sich das Land Brandenburg laut einem Urteil des Bundesgerichtshofes „sittenwidrig“ angeeignet hatte, an die rechtmäßigen Eigentümer bevor. 15 Grundstücke seien bereits zurückgegeben, teilte Finanzminister Rainer Speer (SPD) gestern mit.
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Potsdam - In der Enteignungs-Affäre steht die Rückgabe von mehr als hundert Bodenreform-Grundstücken, die sich das Land Brandenburg laut einem Urteil des Bundesgerichtshofes „sittenwidrig“ angeeignet hatte, an die rechtmäßigen Eigentümer bevor. 15 Grundstücke seien bereits zurückgegeben, teilte Finanzminister Rainer Speer (SPD) gestern mit. In 113 Fällen sei die Rückgabe in Aussicht gestellt. Weitere 226 Bodenreformerben, die schon früher vergeblich ihre Immobilien verlangt hatten, würden jetzt angeschrieben. Insgesamt hätten sich seit dem BGH-Urteil rund 6000 Betroffene an das Land gewandt, von denen aber nach ersten Prüfungen 85 Prozent keine Ansprüche hätten. Speer verteidigte erneut das Vorgehen des Landes, das 1999/2000 die Überführung von 10 200 Immobilien, deren Erben bis dahin nicht gefunden wurden, in Landesbesitz veranlasst hatte. Das sind mit Abstand so viele wie in keinem anderen Bundesland. Brandenburg habe dabei „keinen Sonderweg beschritten“, sagte Speer dennoch. Im Widerspruch dazu steht ein von ihm selbst vorgelegter Vergleich: So nahm Sachsen nur 200 „herrenlose“ Bodenreformgrundstücke in Besitz, obwohl es dort mehr entsprechende Immobilien gab (85 000) als in Brandenburg (82 000) gab. Den Unterschied könne er „nicht erklären“, so Speer. In Mecklenburg-Vorpommern wurden bei 3000 von 50 000 Grundstücken keine Erben gefunden. Wie viele Immobilien Schwerin in Landeseigentum überführte, ist unklar.
Doch auch die Such-Praxis unterschied sich nach dem Speer-Papier in Brandenburg erkennbar von anderen Ost-Ländern. So wurde hier nicht vor Ort nach Erben gesucht – anders als in Sachsen, Sachsen-Anhalt und Mecklenburg-Vorpommern. Dort wurden zusätzlich „Einwohner, Bürgermeister, Nachbarn“ befragt, während in Brandenburg nur in Ämtern gesucht wurde. Ganz aus dem Rahmen fiel Thüringen, da es ganz auf eigene Ansprüche auf Bodenreformland verzichtete – und es deren Erben überließ.
Wie berichtet, prüft der Untersuchungsausschuss im Landtag den durch ministerielle Dokumente untersetzten Vorwurf, dass Brandenburg bewusst nicht gründlich nach rechtmäßigen Erben suchen ließ, um als Landesfiskus die Grundstücke zu übernehmen. „Ich kenne solche Hinweise nicht“, sagte Speer. „Es ist flächendeckend gesucht worden.“ Anders als in Brandenburg gibt es laut Speer in keinem anderen Land Konsequenzen aus dem BGH-Urteil, obwohl es offenbar auch anderswo ähnliche Fälle gab. „Still ruht der See. Da passiert gar nichts“, so der Minister. „Das liegt wahrscheinlich an der besonderen Medienlandschaft rings um Berlin.“ thm
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