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Brandenburg: Bombodrom ist Geschichte
Mit einem „Auflösungsappell“ beendete die Bundeswehr die militärische Nutzung. Brandenburg setzt nun auf Tourismus, Naturschutz und Energiegewinnung
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Wittstock – Der als „Bombodrom“ bekannt gewordenen Truppenübungsplatz nahe Wittstock in Brandenburg ist Geschichte. Die Bundeswehr löste am Donnerstag die dort noch verbliebene Kommandantur offiziell auf und zog den letzten Soldaten ab. An einem „Auflösungsappell“ nahmen am Donnerstag unter anderem Vertreter von Bundeswehr und Politik teil. Der brandenburgische Arbeitsminister Günter Baaske (SPD) sprach von einem „würdigen Abschied des Militärs“. Jetzt könne die Kyritz-Ruppiner Heide an der Grenze zu Mecklenburg-Vorpommern einer neuen Nutzung aus Naturschutz, Tourismus und Energiegewinnung entgegenblicken. Trotz aller Differenzen in der Sache habe es mit der Bundeswehr in der Region immer eine gute Zusammenarbeit gegeben. Minister Baaske nahm als Vertreter der Landesregierung an dem Appell teil.
Um den ehemaligen sowjetischen Luft-Boden-Schießplatz war seit Beginn der 1990er Jahre heftig gestritten worden. Bürgerinitiativen, Gemeinden und Anrainer hatten sich mit Klagen gegen eine weitere militärische Nutzung des 12 000 Hektar großen Areals in der Kyritz-Ruppiner Heide durch die Bundeswehr gewehrt. Das Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg untersagte im März 2009 die Nutzung als Bombenabwurfplatz.
Im Juli 2009 gab der damalige Verteidigungsminister Franz Josef Jung (CDU) den Verzicht der Bundeswehr auf den Bombenabwurfplatz bekannt. Jungs Nachfolger Karl-Theodor zu Guttenberg (CSU) entschied schließlich im April 2010, dass die Bundeswehr das Gelände komplett aufgeben und an den Bund übergeben werde.Offen blieb damals die Forderung der „Bombodrom“-Gegner nach einem völligen Rückzug der Bundeswehr von dem Gelände. Die Bundeswehr beschäftigte auf dem Truppenübungsplatz noch rund 80 Mitarbeiter, darunter zehn Soldaten. Das Personal soll ab Ende März abgebaut und an andere Orte versetzt werden. Auf den Internetseiten der Bundeswehr ist der Truppenübungsplatz Wittstock bereits gestrichen. Im November 2010 beschloss der Haushaltsausschuss des Bundestages, den ehemaligen sowjetischen Truppenübungsplatz in das Programm Nationales Naturerbe einzubeziehen.
Das rund 142 Quadratkilometer große Gelände in der Kyritz-Ruppiner Heide gilt als stark munitionsbelastet. Die künftige Nutzung des Truppenübungsplatzes ist noch offen. Das Gelände, wie von der Bundesregierung erwogen, völlig der Natur zu überlassen, widerspreche den Interessen der Region und des Landes, sagte Minister Günter Baaske. „Allein von Kremserfahrten wird die Region sicher nicht leben können“. Zur Entwicklung der Kyritz-Ruppiner-Heide sei nun ein Leitbild notwendig. Der stellvertretende Befehlshaber im Wehrbereich III, Brigadegeneral Reinhard Golks, betonte, die Bundeswehr werde sich nicht komplett aus ihrer Verantwortung für den früheren Übungsplatz zurückziehen. Die Armee werde auch weiterhin ihre Kenntnisse wie beispielsweise in der Munitionsbergung einbringen.
Minister Baaske sagte, trotz aller Differenzen um das „Bombodrom“ habe es mit der Bundeswehr in der Region immer eine gute Kooperation gegeben. „Dafür gebührt den Militärs ganz ziviler Dank.“ Vergessen werde oft, dass die Belastung in früheren Jahrzehnten durch die sowjetische Armee „um ein Vielfaches größer war“. Die Menschen der Region hätten Anfang der 1990er erkannt, „welche große Chancen Demokratie und Rechtsstaat bieten, um berechtigte Interessen durchzusetzen“. dapd/epd
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