Brandenburg: Brandenburg bei erneuerbaren Energien am Limit
Kabinett sieht weiteren Ausbau gefährdet. Tauziehen um Braunkohle und Klimaschutz
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Potsdam - Nach dem Boom neuer Wind- und Solarparks sieht Brandenburgs rot-rote Regierung den weiteren Ausbau erneuerbarer Energien im Land „gefährdet“. Das geht aus dem mit Spannung erwarteten Bericht zur Energiestrategie und zum Klimaschutz hervor, den das Kabinett am Dienstag verabschiedet hat. Als Gründe werden im 110-Seiten-Papier „fehlende Akzeptanz vor Ort“, „Flächenrestriktionen“, „Nutzungskonkurrenzen“, „unzureichende Netzkapazitäten“ und das „langfristig wenig planbare Förderumfeld“ für Wind-, Solar- oder Biomasseanlagen genannt, gegen die es überall inzwischen massive Proteste gibt. Der Anteil der Eneuerbaren am Energieverbrauch beträgt jetzt 16 Prozent, womit Brandenburg bundesweit Spitze und das für 2020 formulierte 20-Prozent-Ziel beinahe erreicht ist. Auf eine neue Vorgabe legt sich das rot-rote Kabinett aber weiter nicht fest. Die „Energiestrategie 2030“ für Brandenburg soll Ende dieses Jahres vorgelegt werden, bekräftigte Wirtschaftsminister Ralf Christoffers (Linke).
Der mit Verspätung vorgelegte Zwischen-Bericht für den Landtag gibt keine Antwort auf die zentrale Frage, wie Brandenburg in der Übergangszeit die Energie-Grundversorgung gewährleisten will, ob weiterhin mit Braunkohlekraftwerken in der Lausitz oder mit Gaskraftwerken. Rot-Rot gerät weiter in die Bredouille, da das Land beim Klimaschutz kaum vorankommt. Der Kohlendioxid–Ausstoß liegt jetzt bei 56 Millionen Tonnen jährlich, 2004 waren es 62 Millionen Tonnen. Doch 63 Prozent davon kommen „weiterhin“ aus den Braunkohlekraftwerken. Noch gilt die von der SPD/CDU-Regierung 2008 beschlossene Energiestrategie, die wenig ambitioniert lediglich eine Absenkung auf 54 Millionen Tonnen bis 2020 als Ziel vorsieht, was fast mühelos erreicht wird. Allerdings, bis 2030 sollten danach die klimaschädlichen Kohlendioxid–Emmissionen dann auf 22,8 Millionen Tonnen gesenkt werden: Diese radikale Senkung sollte durch neue CCS–Braunkohlekraftwerke erreicht werden, bei denen das Kohlendioxid abgetrennt und unterirdisch gelagert wird. Inzwischen sieht aber selbst die rot-rote Regierung keine Chance mehr, die umstrittene CCS-Technologie umzusetzen.
Welche Konseqenzen Rot-Rot daraus zieht, ist unklar. So will Umweltministerin Anita Tack (Linke) ausdrücklich daran festhalten, bis 2030 den Kohlendioxidausstoß auf 22,8 Millionen Tonnen zu senken. Ohne CCS hieße das aber der Ausstieg aus der Braunkohleverstromung. Dagegen favorisiert Wirtschaftsminister Christoffers (Linke), wie er andeutete, den Weg, befristet Klimaschutzziele zurückzustellen und wegen der Versorgungssicherheit an der Braunkohle festzuhalten. „Es gibt die Absicht von Vattenfall, Jänschwalde ab 2022 durch einen Neubau zu ersetzen“, sagte er. Die Entscheidung sei noch nicht gefallen. Allerdings hatte Ministerpräsident Matthias Platzeck (SPD) bislang erklärt, dass es neue Braunkohlekraftwerke nur mit der CCS-Technologie geben soll.
Der Landtag wird am heutigen Mittwoch in einer Aktuellen Stunde über die Energiepolitik diskutieren. Im Vorfeld darauf sprach sich FDP-Fraktionschef Andreas Büttner für ein Festhalten an der Kohleverstromung auch ohne CCS aus. Notfalls müsse man eben „Klimaschutzziele strecken.“ Dagegen forderte Grünen-Fraktionschef Axel Vogel, für die Übergangszeit statt auf Braunkohle auch in Brandenburg auf klimafreundliche Gas-Kraftwerke zu setzen.
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