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Von Leticia Witte: Brandenburg bibbert, schlittert und experimentiert

Das Winterwetter macht allen weiter zu schaffen / Flussanrainer schauen besorgt auf die Pegelstände

Stand:

Potsdam/Berlin/Frankfurt (Oder) - Schnee und Eis machen Brandenburg weiter zu schaffen: Verkehrsunfälle auf spiegelglatten Straßen, Rollstühle, die auf schlecht geräumten Wegen kaum vorankommen und handfeste Streitereien unter Nachbarn. Riesige Eiszapfen und schwere Schneelast auf den Dächern sorgen außerdem bei Brandenburgs Feuerwehr verstärkt für Einsätze. Der Winter hat aber auch schöne Seiten, nicht nur für Kinder und Sportler: In Schönwalde bei Berlin hat der Stuckateurmeister Friedrich P. Schuster den Preußen-König Friedrich II. (1712-1782) aus Schnee zu einer vergänglichen Skulptur geformt.

Am Mittwoch meldete das Polizeipräsidium Potsdam bis 14.00 Uhr 52 Unfälle, von denen 16 witterungsbedingt waren. Vier Menschen wurden dabei verletzt, ansonsten blieb es bei Blechschäden. Nach Angaben einer Sprecherin hielt sich die Zahl der Karambolagen in Grenzen. Das Präsidium in Frankfurt (Oder) registrierte bis zum Nachmittag 74 Unfälle, 11 waren dem Winterwetter geschuldet. Zwei Menschen verletzten sich dabei leicht.

Um riesige Eiszapfen zu entfernen und Dächer von Schneelasten zu befreien, rückte die Feuerwehr in Südbrandenburg am Mittwoch bis zum frühen Nachmittag zu etwa 20 Einsätzen aus. „Die Tendenz geht aufwärts“, sagte ein Sprecher in Cottbus. Auch die Kollegen in Potsdam beobachteten eine verstärkte Nachfrage. Im Bereich der Regionalleitstelle Nordwest konzentrierten sich die Einsätze allerdings auf die Region Potsdam mit größeren und höheren Gebäuden. Ganz billig ist der Einsatz aber nicht: „Mit 200 Euro pro Fahrzeug ist man generell dabei“, sagte eine Feuerwehrsprecherin in Potsdam. In Bernau (Barnim) brachen am Mittwoch zwei Balkonüberdachungen wegen der Schneelast herunter. In der Stadt hatte sich am frühen Morgen außerdem ein Lastwagen im Schnee festgefahren, konnte nicht mehr wenden und blockierte dadurch weite Teile der Innenstadt. In Falkensee (Havelland) hatten es Diebe zweimal auf Schneekehrmaschinen abgesehen. In Wittstock (Ostprignitz-Ruppin) schlug ein 66-Jähriger seine 57 Jahre alte Nachbarin bei einem Streit über einen geräumten Weg. Die Frau musste nach der Handgreiflichkeit zum Arzt.

Brenzlig ist es in diesen Tagen für Menschen mit Behinderungen: Rollstühle bleiben im Matsch stecken, Behindertenparkplätze sind nicht selten voller Schnee und nicht benutzbar. Selbst dort, wo Wege geräumt wurden, seien die Pfade teilweise so schmal, dass nicht nur Mütter mit ihren Kinderwagen, sondern auch Rollstuhlfahrer aufgeben müssten, hieß es am Mittwoch aus dem Büro des Behindertenbeauftragten Jürgen Dusel in Potsdam. In ihrer Bewegung eingeschränkte Menschen hätten es in diesen Tagen noch schwieriger als sonst. In Brandenburg leben laut Sozialministerium rund 220 000 schwerbehinderte Menschen.

Unterdessen steigt das Hochwasser an Oder und Havel: Am Mittwoch ist für die Untere Havel zwischen Rathenow und Grütz (Havelland) die zweithöchste Alarmstufe 3 ausgerufen worden. Nach Angaben der Kreisverwaltung sind drei Eisbrecher im Einsatz, um den Abfluss zwischen Rathenow und Havelberg wieder herzustellen und freizuhalten.

Auch an der Oder wurde am Pegel Stützkow der Richtwert für die Stufe 3 überschritten. Am Nachmittag sollte entschieden werden, ob die Hochwasseralarmstufe 3 auch tatsächlich ausgerufen wird, wie der Landkreis Uckermark mitteilte. An anderen Oderabschnitten gilt die niedrigste Alarmstufe 1.

In diesem Jahr kann der Wunsch nach einem guten Rutsch wörtlich genommen werden: Schneeregen soll an Silvester die Straßen und Wege vereisen lassen. Eine Warmfront aus dem Westen werde den gefährlichen Regen am frühen Freitagmorgen mit sich bringen, teilte der Deutsche Wetterdienst am Mittwoch mit. Auf wie viel Schneematsch sich die Berliner und Brandenburger einstellen müssen, sei noch unklar – die Warmfront könne sich auch auf dem Weg in den Osten etwas abschwächen. Trotzdem: „Man muss erstmal gewappnet sein“, mahnte Meteorologe Gerd Saalfrank.

Die Berliner Straßenreiniger (BSR) sehen die Ankündigungen der Meteorologen mit Sorge, vor allem, weil das Streusalz langsam knapp wird. Grund für den Salz-Engpass sind der BSR zufolge Schwierigkeiten der Zulieferer: Laster und Bahn hätten selbst mit dem Winterwetter zu kämpfen. Derzeit streuen die Straßenreiniger vor allem auf der Berliner Stadtautobahn. Wenn das Salz vollkommen ausgehen sollte, will die BSR auf Splitt umsteigen.

Leticia Witte

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