Prognose für 2016: Brandenburg erwartet 40 000 Flüchtlinge
Auch 2016 keine Entspannung in Sicht. Das Innenministerium lässt die Erstaufnahme auf 10 000 Plätze erweitern.
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Potsdam - Brandenburgs Regierung stellt sich darauf ein, im Land im nächsten Jahr 40 000 neue Flüchtlinge aufzunehmen. Diese Zahl nannte Innenminister Karl-Heinz Schröter (SPD) am Donnerstag im Innenausschuss des Landtages. Er informierte dort über das Krisenmanagement, um die Neuankömmlinge unterbringen zu können. Es seien dafür 10 000 Plätze in der Erstaufnahme nötig. Das sind die zentrale Aufnahmeeinrichtung in Eisenhüttenstadt und ihre Außenstellen in Doberlug-Kirchhain, Frankfurt (Oder), Potsdam, Cottbus und Ferch, in denen Flüchtlinge die ersten Monate nach der Ankunft im Land für Formalitäten und Untersuchungen verbringen. Bislang gibt es dort 5500 Plätze.
Schröter sagte, dass bis Ende 2015 in Doberlug-Kirchhain, Wünsdorf und Frankfurt (Oder) weitere 1500 Plätze hinzukommen. Nach seinen Worten laufen aktuell Vertragsverhandlungen für einen weiteren Standort. Die verbleibenden 3000 neuen Plätze sollen bis zum Ende des ersten Quartals 2016 bereitstehen.
Die Situation bleibt nach Worten des Innenministers aber auch für die Erstaufnahme angespannt, da kurzfristig auch Ersatz für nicht winterfeste Zelte geschaffen werden müsse. Schon jetzt sind die Nächte empfindlich kalt. Und in der Erstaufnahme sind 1500 Flüchtlinge – vor allem Männer – in ungeheizten Zelten untergebracht. Um die Kapazitäten aufzustocken und die Zelte zu ersetzen, werde man neben bewohnbar gemachten Gebäuden wie in Wünsdorf und Doberlug-Kirchhain auch „auf Container und Messezelte zurückgreifen“, sagte Schröter. Letztere seien nur vom Namen her Zelte. „Es sind Baulichkeiten, die feste Seitenwände, Fenster, ein doppelwandiges Dach haben, und die auch bei niedrigen Temperaturen funktionieren.“ Parallel habe man mit mehreren Krankenhäusern Vereinbarungen getroffen, darunter mit dem Klinikum „Ernst von Bergmann“ in Potsdam, um die Erstuntersuchung der Flüchtlinge zu sichern.
Zwar werden in Brandenburg bis Ende 2015 bereits rund 30 000 Menschen vorwiegend aus Kriegs- und Krisengebieten Zuflucht gefunden haben. Allein 9000 – und damit mehr als 2014 – kamen seit Anfang September. Trotzdem musste Schröter eingestehen, dass Brandenburg bislang seinen Verpflichtungen zur anteiligen Aufnahme von Flüchtlingen nach dem „Königsteiner Schlüssel“ nicht nachkommt. Nach diesem muss Brandenburg entsprechend seiner Bevölkerungszahl und seiner Steuerkraft 3,08 Prozent der in Deutschland ankommenden Flüchtlinge versorgen. Schröter betonte, dass der Rückstand nicht am Land liegt. „Ohne eigenes Verschulden ist Brandenburg in ein Defizit geraten“, sagte Schröter dazu. Der Grund sei, dass mit dem ungeordneten Einströmen Tausender Flüchtlinge nach der humanitären Entscheidung von Kanzlerin Angela Merkel (CDU) viele unregistriert einreisten, weshalb eine geordnete Aufteilung nicht möglich war. „Sie melden sich nun überall, in Polizeidienststellen, in Unterkünften.“ Viele habe es in andere Regionen Deutschlands gezogen. Brandenburg werde 2015 noch zusätzlich 1500 Flüchtlinge aufnehmen, um den „Königsteiner Schlüssel“ wieder zu erfüllen.
Ziel Schröters bleibt es, auch weiterhin chaotische Verhältnisse wie anderswo zu in Deutschland zu vermeiden, was den Kommunen und dem Land mithilfe Tausender ehrenamtlicher Helfer weitgehend gelang. Gewaltexzesse wie anderswo gab es hier bislang nicht. In den Heimen gebe es religiöse Spannungen, aber bislang „keine sexuellen Übergriffe“, sagte Polizeipräsident Hans-Jürgen Mörke. Auch für die Polizei ist es eine zusätzliche Herausforderung. Mittlerweile gibt es laut Mörke 1300 Liegenschaften landesweit, in denen Flüchtlinge und Asylbewerber leben. Für 212 Objekte, meist größere Heime, gibt es Objektschutz. Für die Polizei, so Mörke, sei dies aber leistbar.
Allerdings gab es auch in Brandenburg bereits Unruhe in einer Asylunterkunft. Rund 20 Asylbewerber hatten in Finsterwalde (Kreis Elbe-Elster) gegen die Lebensumstände in ihrer Unterkunft demonstriert. Wie die Polizei am Donnerstag mitteilte, protestierten sie mit selbst gemalten Plakaten auf der Straße vor dem Heim gegen Platzmangel und schlechtes Essen. Mitarbeiter des Deutschen Roten Kreuzes beruhigten die Situation.
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