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Brandenburg: Brandenburg fällt aus dem Rahmen

Die Händler spendieren den Besuchern erstaunlich viele Gratis-Proben. Und der Ministerpräsident hat Spaß auf dem Holz-Tandem

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Berlin - Wer mit seinem Fahrrad auffallen will, greift zum Holzrahmen. Den gibt es für ein besonders dynamisch wirkendes Tandem. Er wiegt lediglich 19 Kilogramm und feiert auf der Grünen Woche in der Holzhalle 4 seine Premiere. Zwei ältere Herren probierten gestern das im Holzschnitzerort Seiffen im Erzgebirge entwickelte Unikum aus märkischer Buche aus, das im Fachhandel immerhin rund 14 000 Euro kostet. Doch die beiden Tester kamen nicht weit. Brandenburgs Ministerpräsident Matthias Platzeck und der Keyboarder der Puhdys, Peter Meyer, verloren schon nach kurzer Zeit das Gleichgewicht und überließen das teure Stück dem Erfinder Jens Eichler.

Platzeck nutzte dennoch das Interesse der Medien, um nachdrücklich für den Brandenburger Wald zu werben. Immerhin war es das erste Mal in der nunmehr 21-jährigen Präsenz der Mark auf der Grünen Woche, dass ein Regierungschef am traditionellen Brandenburgtag einen Abstecher zu den Forstleuten und Holzverarbeitern machte. Das „Internationale Jahr der Wälder“ machte es möglich, zumal die große Entlassungswelle in den Forstbetrieben nun überstanden ist. Mit dem Urgestein der Rockgruppe, die schon vor Jahrzehnten erstmals „Alt wie ein Baum“ trällerte, machte Platzeck auf ein „Methusalem-Projekt“ aufmerksam. Auf jedem Hektar Wald werden fünf alte Bäume mit entsprechenden Plaketten gekennzeichnet. Diese schützen die Eiche, Buche oder Kiefer dauerhaft vor der Motorsäge. „Diese Exemplare können verfaulen und bieten damit wertvollen Lebensraum für Käfer, Spitzmäuse, Fledermäuse und andere wichtigen Lebewesen“, erklärte der Sprecher des Landesbetriebes Forst, Christian Naffin, diese Aktion. Schon bis zum kommenden Frühjahr sollen 100 000 Bäume auf diese Weise geschützt sein. Allerdings ist diese Aktion auf den staatlichen Waldbesitz beschränkt, der mit 270 000 Hektar Größe nur noch 25 Prozent der gesamten Waldfläche ausmacht. „Die privaten Eigentümer erhalten deshalb Ausgleichszahlungen, damit auch sie besonders kräftige Bäume stehen lassen“, sagte Naffin. „Das können schon mal bis zu 4000 Euro pro Baum sein.“ Platzeck verriet nebenbei, dass er sich zwar kein Holzfahrrad zulegen werde, aber sich in diesem Jahr erstmals Langlaufskier gekauft habe. „Das erste Mal seit 20 Jahren habe ich auf Brettern gestanden und bin zu Weihnachten wieder in der Potsdamer Umgebung gelaufen“, sagte er.

So eine Tandemfahrt wäre in der eigentlichen Brandenburghalle 21a gar nicht erst möglich gewesen. Denn wie immer drängelten sich hier die Neugierigen, so dass es nur stoßweise voranging. Die Gründe für den neuerlichen Ansturm liegen auf der Hand: Jeden Besucher aus Brandenburg zieht es magnetisch zu den vertrauten Händlern. Diese zeigen sich im Unterschied zu den meisten anderen in- und ausländischen Ausstellern mit Kostproben von Gurken, Käse, Brot, Schnaps oder Fruchtsäften erstaunlich freigiebig. Außerdem tüfteln sie offenbar das ganze Jahr lang in ihren Betrieben, um zu jeder Grünen Woche wieder Neuheiten zu präsentieren. Sonst würde es wohl kaum einen Nudeleintopf mit Suppenröschen, Ziegenkäsekrapfen oder ein Spreewälder Schlachtekraut geben.

Auch die Gärtner experimentierten fleißig und machten die eigentlich in Südafrika heimische Sunsatia fürs Brandenburger Klima tauglich. Die weiß-rote Neuschöpfung soll von April bis Oktober blühen, braucht dafür aber pralle Sonne.Claus-Dieter Steyer

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