Brandenburg: Brandenburg kann von Finnland lernen
Interview mit Matthias Platzeck zu seiner Informationsreise in Potsdam Partnerstadt Jyväskylä
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Interview mit Matthias Platzeck zu seiner Informationsreise in Potsdam Partnerstadt Jyväskylä Herr Platzeck, kann Brandenburg von Finnland lernen? Wie Brandenburg ist Finnland ein sehr dünn besiedeltes Land mit sehr vielen kleinen und mittelständischen Firmen. Es hat sich in bewundernswerter Weise in den letzten zehn Jahren aus einer tiefen Wirtschafts- und Strukturkrise auf einen Spitzenplatz in Europa herausgearbeitet. Davon kann Brandenburg lernen. Ganz konkret, was? Zum Beispiel die faszinierend klare Orientierung hin zu Bildung, Wissenschaft – und das alles sehr technologie- und unternehmensorientiert. Es ist aber auch die staatliche und gesellschaftliche Unterstützung für Kinder, für Familien, die Achtung des Lehrerberufes. Hier wird enorm viel Geld investiert. Und es gibt dazu einen breiten Konsens quer durch alle Parteien. Der Koalitionspartner CDU bezweifelt, dass der Wohlfahrtsstaat Finnland als Vorbild für das finanzschwache Brandenburg taugt? Wir sollten lernfähig und lernbereit sein – und dabei eben nicht nur nach Westdeutschland schauen. Es kann nur gut für das Land sein, sich mit offenen Augen überall umzuschauen, wo Ansätze für unsere konkreten Probleme gefunden werden können. Es geht aber um unseren eigenen Brandenburger Weg. Er sollte finnische Lösungen ebenso berücksichtigen und Erfahrungen aus der DDR nicht negieren. Niemand will das finnische Modell eins zu eins kopieren. Einen solchen Fehler haben wir 1990 schon einmal gemacht. Finnland investiert mehr in die Köpfe der Kinder als in Beton. Muss auch Brandenburg da umdenken? Ich halte die finnische Philosophie, auch Bildungsausgaben als Investitionen zu begreifen, für zukunftsweisend. Werden Bildungs- und Wissenschaftsetat im Haushalt 2005 aufgestockt? Wir haben dort bereits Prioritäten gesetzt. Und dabei wird es auch bleiben. CDU-Generalsekretär Thomas Lunacek hat Ihrer Regierung gerade eine konzeptionslose Wirtschaftspolitik vorgeworfen, weil das Land zu wenig Geld für Infrastruktur, zu viel für konsumtive Ausgaben steckt. Es ist schon erstaunlich, was in der CDU derzeit vorgeht. Erst demontiert der CDU-Politiker Christian Ehler mit einer unhaltbaren Kritik an der Europapolitik der Landesregierung die eigene Europaministerin Barbara Richstein. Jetzt ist Wirtschaftsminister Ulrich Junghanns dran. Ich bin gespannt, wer das nächste Opfer wird. Brandenburg sucht Wege, um die demographische Herausforderung, die Verödung der Randregionen, zu bewältigen. Wird sich das Land darauf einstellen müssen, dass wie in Finnland Dörfer aufgegeben werden müssen? Brandenburg muss seine immer knapperen Mittel stärker konzentrieren als in der Vergangenheit. Das heißt, dass wir nicht mehr in allen Dörfer fördern können. Wir werden aber trotzdem alles versuchen, um dünn besiedelte Regionen zu stabilisieren, in dem wir ihre Zentren stärken, auch Landwirtschaft und Tourismus unterstützen. Wird es mit der Brandenburger SPD das Comeback der langjährigen gemeinsamen Oberschule à la DDR oder dem PISA-Siegerland Finnland geben? Man muss realistisch sein. Ich sehe derzeit keine praktische Möglichkeit, eine neun- oder zehnjährige gemeinsame Schule für alle in Brandenburg umzusetzen. Wir werden uns aber darauf konzentrieren, die sechsjährige Grundschule in Brandenburg zu stabilisieren und die Qualität weiter zu erhöhen. Und es ist klar, dass wir nach der Landtagswahl die Strukturen der weiterführenden Schulen straffen müssen und die Sekundarschule einführen. Die Städtepartnerschaft zwischen Potsdam und Jyväskylä war in den letzten Jahren eingeschlafen. Was wird sich nach Ihrem Besuch ändern? Manches braucht seine Zeit. Ich bin sicher, dass es neuen Schwung in dieser Städtepartnerschaft geben wird. Ich werde darüber mit Oberbürgermeister Jann Jakobs sprechen. Es gibt viele konkrete Anknüpfungspunkte: Etwa für eine Kooperationen zwischen dem Hasso-Plattner-Institut und der dortigen Universität. In Jyväskylä sitzt eine Entwicklungsabteilung des Weltkonzerns Nokia. Von einer engeren Zusammenarbeit können beide Seiten profitieren. Das Interview führte Thorsten Metzner Ministerpräsident Matthias Platzeck hielt sich in seiner Funktion als Vorsitzender der Brandenburger SPD zu einer „Bildungsreise“ in Finnland auf
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